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Israel erwartet in Kürze eine Einigung mit dem Iran beim umstrittenen Atomabkommen. Ein neues Abkommen werde aber "kürzer und schwächer" sein als das vorherige, sagte der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett am Sonntag vor der wöchentlichen Kabinettssitzung. Israel bereite sich darauf "in jeder Hinsicht" vor. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht bei den seit November laufenden Wiener Atomverhandlungen den "Moment der Wahrheit" gekommen.
Die israelische Regierung hat schon das bisherige Atomabkommen stets scharf kritisiert. "Der iranische Terrorismus gefährdet uns und andere Länder in der Region", sagte der rechte Nationalist Bennett nun. "Der Staat Israel bereitet sich auf den Tag danach (den Abschluss des Abkommens) in jeder Hinsicht vor, um die Sicherheit seiner Bürger mit eigenen Mitteln zu gewährleisten". Zuvor hatten die USA bereits von einem kurz bevorstehenden Abschluss der Verhandlungen in Wien gesprochen.
"Alle Elemente für einen Abschluss der Verhandlungen liegen auf dem Tisch", sagte Scholz sagte am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Bei den Verhandlungen könnte bald ein Durchbruch erreicht werden - oder sie könnten noch scheitern.
Die Schritte Teherans zur Anreicherung von atomarem Brennmaterial und die Aussetzung der Überwachung von Atomanlagen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) seien "nicht akzeptabel", sagte Scholz weiter. Eine iranische atomare Bewaffnung sei unannehmbar, auch "weil die Sicherheit Israels nicht verhandelbar ist".
Angesichts des Verhaltens der iranischen Regierung sei bald der Punkt erreicht, "an dem wir entscheiden müssen, ob eine Rückkehr zum JCPoA überhaupt noch angemessen ist", sagte Scholz unter Verweis auf die international gängige Abkürzung für die Wiener Nuklearvereinbarung.
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron drängte die iranische Regierung zu Kompromissbereitschaft in Wien. Teheran müsse die Chance zur Rettung des Atom-Abkommens von 2015 in seinem eigenen Interesse jetzt ergreifen, sagte Macron nach Angaben des Elysée-Palasts am Samstag in einem Telefonat mit dem iranischen Staatschef Ebrahim Raisi.
Macron habe in dem 90-minütigen Gespräch die "zwingende Notwendigkeit" unterstrichen, eine Einigung zu erreichen, "solange dafür noch Zeit ist". Die bisherigen Gespräche in Wien hätten es ermöglicht, eine Lösung zu finden, welche die wesentlichen Interessen aller Seiten berücksichtigen und "eine schwere nukleare Krise abwenden" würde, betonte Frankreichs Präsident der Mitteilung zufolge.
Die USA hatten am Donnerstag erklärt, dass eine mögliche Einigung bei den Atomverhandlungen "in den nächsten Tagen" bevorstehen könnte. Die Wiener Gespräche zielen auf eine Neuauflage des Atomabkommens mit dem Iran aus dem Jahr 2015 ab. Das Abkommen soll Teheran am Bau von Atomwaffen hindern und verspricht im Gegenzug den Abbau von Sanktionen.
Die USA hatten sich 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Abkommen zurückgezogen und ihre Wirtschaftssanktionen wieder in Kraft gesetzt. Danach zog sich auch der Iran schrittweise aus der Vereinbarung zurück. Unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden kamen die Gespräche über ein neues Abkommen wieder in Gang.
Die Wiener Verhandlungen sollen zum einen die USA zurück in das Abkommen holen und zum anderen den Iran dazu bringen, sein Atomprogramm wieder auf das vorgesehene Niveau zurückzufahren. An den Wiener Verhandlungen beteiligt sind China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland, die USA sind indirekt einbezogen.
Experten zufolge hat der Iran so stark gegen die Verpflichtungen aus dem Atomabkommen von 2015 verstoßen, dass er in wenigen Wochen über genügend spaltbares Material für den Bau einer Atombombe verfügen könnte. Allerdings wären für den Bau selbst noch weitere aufwändige Schritte notwendig.
(K.Müller--BBZ)