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Die EU erhöht wegen des russischen Großangriffs auf die Ukraine den Druck auf Moskau. Nach der Einigung auf ein Sanktionspaket gegen den russischen Finanz-, Energie- und Transportsektor kündigte EU-Ratspräsident Charles Michel am Freitag weitere Strafmaßahnen an. Russland drohte dem Westen mit Vergeltung. Es würden "symmetrische und asymmetrische" Gegenmaßnahmen geprüft, hieß es aus dem Kreml.
"Der Europäische Rat vereinbart heute weitere Strafmaßnahmen, die für Russland wegen seines Vorgehens massive und ernste Folgen haben werden", hieß es in der am Donnerstagabend in Brüssel verabschiedeten Gipfelerklärung der EU-Staats- und Regierungschefs.
Russland kündigte wenige Stunden später an, mit Gegenmaßnahmen auf die Sanktionen der EU und anderer westlicher Länder zu reagieren. "Es versteht sich von selbst, dass Vergeltungsmaßnahmen folgen werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. "Wie symmetrisch oder asymmetrisch sie sein werden, wird von der Analyse der Beschränkungen abhängen", die Russland auferlegt worden seien.
Angesichts der russischen Invasion hatten auch die USA, Kanada und Japan ihre Sanktionen gegen Moskau verschärft. Dazu gehören Reisebeschränkungen, Beschränkungen des Zugangs zu Finanzmärkten sowie Exportstopps für bestimmte Güter einschließlich High-Tech-Produkten und Computerchips.
Die neuen EU-Sanktionen betreffen laut Gipfelerklärung neben den Bereichen Finanzen, Energie und Transport auch den Export von Dual-Use-Gütern, die für zivile und militärische Zwecke genutzt werden können, sowie die Visa-Vergabe und eine Reihe "russischer Einzelpersonen".
Das detaillierte Sanktionspaket war von der EU-Kommission vorbereitet worden und muss noch formell vom Ministerrat der EU-Staaten verabschiedet werden. Dies soll am Freitag passieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor dem Gipfeltreffen ein Paket "massiver und gezielter Sanktionen" angekündigt.
Laut einem Entwurf, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorlag, sind etwa die staatliche russische Eisenbahngesellschaft RZD, der Fahrzeughersteller Kamaz und der Schiffbauer USC von neuen Sanktionen betroffen. Die russischen Privatbanken Alfa Bank und Bank Otkritie sollen ebenfalls auf die Sanktionsliste.
Von der Leyen sagte, die Maßnahmen würden "Russlands Kreditkosten erhöhen, die Inflation ansteigen lassen und Russlands industrielle Basis allmählich aushöhlen".
Zu den Maßnahmen im Energiesektor gehört ein Exportverbot für Ausrüstung und Technologie, die Russland für die Modernisierung seiner Ölraffinerien benötigt. Ein Exportverbot für Flugzeuge und Flugzeugteile für russische Fluggesellschaften würde ebenfalls "einen Schlüsselsektor der russischen Wirtschaft" beeinträchtigen und das Reisen in dem riesigen Land erschweren, sagte von der Leyen. Schließlich soll Russlands Zugang zu Halbleitern und High-Tech-Produkten erschwert werden.
Im Vorfeld der Beratungen der 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel hatten sich mehrere, insbesondere östliche Mitgliedstaaten für besonders harte Maßnahmen gegen Russland ausgesprochen. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen herrschte über einen möglichen Ausschluss Russlands aus dem Swift-Finanzverfahren jedoch Uneinigkeit. Der Schritt gilt als eine der härtesten möglichen Maßnahmen, weil er verheerende Folgen für die russische Wirtschaft hätte.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich in dieser Frage zurückhaltend. Es sei nötig bestimmte Strafmaßnahmen für den Fall zurückzuhalten, dass die Lage noch weiter eskaliere, sagte er vor den Beratungen. Die "Financial Times" hatte berichtet, Scholz sei gegen den Swift-Ausschluss, da er auch negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte. In dem AFP vorliegenden Entwurfspapier ist die Maßnahme nicht aufgeführt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die EU am Freitag auf, härtere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. "Es sind noch nicht alle Möglichkeiten für Sanktionen ausgeschöpft worden. Der Druck auf Russland muss erhöht werden", schrieb Selenskyj nach einem Gespräch mit von der Leyen im Onlinedienst Twitter.
Wenig später bezeichnete er die europäische Reaktion auf die russische Invasion als zu "langsam" und forderte, dass alle Vergeltungsmaßnahmen "auf dem Tisch" liegen müssten. "Wie wollt ihr euch selbst verteidigen, wenn ihr so langsam seid, der Ukraine zu helfen?", sagte er in einer weiteren Ansprache.
EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte kurz danach weitere Sanktionen gegen Moskau an. Ein "weiteres (Sanktions-)Paket wird dringend vorbereitet", erklärte er auf Twitter.
Russland hatte am Donnerstagmorgen mit einem großen Angriff auf die Ukraine begonnen. In mehreren Städten schlugen Raketen und Artilleriegranaten ein. Bodentruppen drangen in das Nachbarland ein. Am Freitag rückten die russischen Einheiten immer näher an die Hauptstadt Kiew heran.
(L.Kaufmann--BBZ)