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Die Europäische Union bereitet sich auf die Ankunft von mehreren Millionen Ukraine-Flüchtlingen vor. Das sagte EU-Kommissarin Ylva Johansson am Donnerstag bei einem Treffen der Innenminister der 27 Mitgliedsstaaten in Brüssel. Schon jetzt seien "fast eine Million Menschen" in die EU geflohen. Die EU-Kommission schlägt vor, Menschen aus dem Kriegsgebiet für bis zu drei Jahre Schutz zu gewähren.
Inhaber ukrainischer Pässe können bisher maximal 90 Tage lang ohne Visum in der EU bleiben. Damit sie länger bleiben können, soll nun erstmals eine seit 2001 gültige Richtlinie zum temporären Schutz von Flüchtlingen aktiviert werden, die nach den Balkankriegen beschlossen worden war. Die Richtlinie sieht Schutz für zunächst ein Jahr vor, verlängerbar auf insgesamt drei Jahre. Die Ukraine-Flüchtlinge könnten in der EU arbeiten, ihre Kinder könnten zur Schule gehen. Johansson sagte, sie rechne in den kommenden Tagen mit der endgültigen Zustimmung der Mitgliedsländer, wenn die Details besprochen seien.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich dafür aus, "den Geflüchteten aus der Ukraine schnell und unbürokratisch" zu helfen und den Kommissionsvorschlag anzunehmen. Sie bezeichnete es als "Paradigmenwechsel", dass erstmals alle EU-Staaten zur Aufnahme von Menschen bereit seien. In der Flüchtlingskrise 2015 hatten sich Länder wie Polen und Ungarn geweigert, Syrer oder Iraker aufzunehmen.
Während damals rund eine Million Menschen nach Deutschland kamen, ist nun Polen das Hauptaufnahmeland. Dort kamen bisher nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks rund 500.000 Menschen über die gut 500 Kilometer lange Grenze zur Ukraine. Der polnische Grenzschutz sprach sogar von 575.000 Flüchtlingen.
EU-Kommissarin Johansson sagte Polen für die Aufnahme finanzielle und logistische Unterstützung zu. Eine Umverteilung der Menschen auf andere europäische Länder habe Warschau bisher nicht beantragt, betonte sie. In Deutschland zählte das Innenministerium zuletzt gut 9400 Flüchtlinge aus der Ukraine.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies bei einem Besuch in Rumänien auf die 500 Millionen Euro, die aus dem EU-Haushalt für humanitäre Hilfe im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg fließen sollen. Sie hatte die Notfallhilfe am Dienstag angekündigt. Zudem soll ein "humanitäres Zentrum für die Ukraine in Rumänien" entstehen, wie sie auf Twitter ankündigte.
Umstritten unter den EU-Länder ist der Umgang mit Flüchtlingen ohne ukrainische Staatsbürgerschaft, die sich zuletzt in dem Land aufhielten. Österreichs Innenminister Gerhard Karner sagte, sein Land habe wie Polen, die Slowakei und Ungarn Bedenken, solchen Menschen gleichwertigen Schutz zu gewähren. "Wir brauchen rasche, unbürokratische Hilfe für ukrainische Kriegsflüchtlinge", betonte Karner. "Da hilft es nicht, wenn wir Drittstaatsangehörige mit einbeziehen."
Der luxemburgische Innen- und Außenminister Jean Asselborn warnte dagegen vor einer Art "Apartheid": Die Hautfarbe, Sprache und Religion von Flüchtlingen aus der Ukraine dürfe bei der Aufnahme keine Rolle spielen, mahnte er. Auch die Organisation Pro Asyl fordert die Gleichbehandlung aller Flüchtlinge, "egal welchen Pass sie besitzen".
Am Nachmittag wollten die EU-Innenminister mit ihrem ukrainischen Kollegen Denis Monastyrsky per Videokonferenz über die Lage beraten. Nach UN-Angaben sind seit dem russischen Einmarsch vor einer Woche bereits mehr als eine Million Menschen aus dem Land geflohen.
(O.Joost--BBZ)