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Während UN-Generalsekretär António Guterres die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht hat, sind in der Nähe russische Raketen eingeschlagen. AFP-Reporter vor Ort sahen ein brennendes Gebäude, von dem dichter Rauch aufstieg. Es handelte sich um den ersten russischen Luftangriff auf Kiew seit rund zwei Wochen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf der russischen Regierung vor, die UNO "demütigen" zu wollen.
Laut Selenskyj wurde Kiew mit fünf Raketen angegriffen. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurden mindestens zehn Menschen verletzt. Ein 25-stöckiges Wohngebäude sei teilweise zerstört worden. Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs schrieb an Journalisten, Guterres und sein Team seien in Sicherheit, aber "schockiert".
Guterres hatte am Dienstag Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Moskau getroffen. Anschließend reiste er weiter in die Ukraine, wo er am Donnerstag zunächst mehrere Vororte von Kiew besuchte, in denen russische Soldaten nach ukrainischen Angaben Kriegsverbrechen begangen hatten.
Die ukrainische Staatsanwaltschaft hat deshalb am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren gegen zehn russische Soldaten eingeleitet. Den Angehörigen der 64. motorisierten Infanteriebrigade der russischen Armee würden Grausamkeiten gegen Zivilisten und andere Kriegsverbrechen vorgeworfen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Guterres forderte Moskau auf, bei der Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zusammenzuarbeiten.
Die Ukraine macht die russische Armee und vor allem die 64. Brigade für "Massaker" an Zivilisten in Butscha verantwortlich. Nach dem Abzug der russischen Truppen waren auf den Straßen der Kleinstadt getötete Männer in ziviler Kleidung gefunden worden, von denen einige an den Händen gefesselt waren. Butscha wurde international zum Symbol der Grausamkeit des Ukraine-Kriegs. Ukrainische und internationale Ermittler untersuchen nach den Worten der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa inzwischen rund 8600 Fälle von mutmaßlichen Kriegsverbrechen.
Russland weist bislang alle Vorwürfe von Kriegsverbrechen kategorisch zurück und wirft den ukrainischen Behörden vor, die Morde in Butscha inszeniert zu haben. Präsident Wladimir Putin zeichnete die 64. Infanteriebrigade für ihre "Professionalität" und ihren "Mut" inzwischen sogar mit einem Ehrentitel aus.
In der Ostukraine rückte die russische Armee derweil weiter vor. "Der Feind verstärkt seine Offensive", erklärte der ukrainische Generalstab. Besonders betroffen seien die Regionen Charkiw und der Donbass. Demnach versucht die russische Armee, ukrainische Truppenverlegungen vom Norden in den Osten zu verhindern. Nach Angaben des Gouverneurs von Charkiw, Oleg Synegubow, wurden am Donnerstag fünf Menschen bei Bombenangriffen auf die Stadt und das Umland getötet.
In Cherson - der einzigen ukrainischen Großstadt, die Russland seit Beginn des Angriffs vollständig unter seine Kontrolle gebracht hat - will Moskau nun offenbar den Rubel als Zahlungsmittel einführen. Der Chef der russischen Zivil- und Militärverwaltung von Cherson, Kirill Stremousow, sagte laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti, die Einführung der russischen Währung in der Stadt und der Region werde zum 1. Mai erfolgen. Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, prangerte dies als "Akt der Annexion und schweren Verstoß Russlands" gegen die UN-Charta an.
In der eingekesselten südlichen Hafenstadt Mariupol hoffen die Menschen derweil weiter auf eine Möglichkeit zur Flucht. Sie sei "hoffnungsvoll", was eine Evakuierung angehe, schrieb die UN-Vertreterin Osnat Lubrani am Donnerstag auf Twitter. Die UN-Helfer stünden "bereit, um Leben zu retten und Bedürftigen zu helfen". Das ukrainische Asow-Batallion, das sich in den Stahlwerken von Mariupol verschanzt hat, berichtete unterdessen, dass bei einem Luftangriff auf ein Lazarett verwundete Soldaten getötet worden seien.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak deutete unterdessen mögliche Angriffe auf militärische Ziele in Russland an. "Die Ukraine wird sich auf jegliche Art verteidigen, auch mit Angriffen auf die Depots und Stützpunkte der russischen Mörder", schrieb Podoljak auf Twitter.
Russland erklärte derweil, zwei Waffen- und Munitionslager in der Ost- und Südukraine mit "hochpräzisen Raketen" zerstört zu haben. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte den Westen vor weiteren Waffenlieferungen. Diese bedrohten die "Sicherheit Europas", sagte er.
(Y.Yildiz--BBZ)