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Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angeregte Aufarbeitung der Corona-Politik droht an einem Streit in der Ampel-Koalition zu scheitern. SPD und FDP konnten sich in den koalitionsinternen Gesprächen nicht darauf verständigen, welches Gremium sich mit einer solchen Aufarbeitung möglicher Fehler während der Pandemie befassen soll, hieß es am Samstag gegenüber AFP aus den Fraktionen.
Kanzler Scholz und die SPD-Fraktion wollen einen Bürgerrat mit der Aufarbeitung betrauen, die FDP fordert ein parlamentarisches Gremium wie einen Untersuchungsausschuss oder eine Enquête-Kommission.
Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae warf der SPD gegenüber der Nachrichtenagentur AFP vor, "kein ernsthaftes Aufklärungsinteresse" zu zeigen und betonte, "für jegliche Art von Pseudoaufklärung stehen wir nicht zur Verfügung". Eine politische und wissenschaftliche Aufklärung der Pandemiepolitik müsse in einem parlamentarischen Gremium stattfinden, "denn nur so können wir sicherstellen, dass sich Fehler nicht mehr wiederholen", sagte er AFP.
Die SPD favorisiert hingegen eine Aufklärung auf breiterer gesellschaftlicher Ebene in Form eines so genannten Bürgerrats, in dem politische Entscheidungsträger, aber auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger mitwirken können.
"Zu unserem großen Bedauern konnten wir in der 'Ampel' bislang keine hinreichende Einigung erzielen, die Corona-Pandemie so umfassend und nachhaltig aufzuarbeiten, wie wir es uns als SPD wünschen", sagte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt den Partnerzeitungen den Samstagausgaben der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Sie machte vor allem die FDP verantwortlich.
Der SPD sei eine von der FDP favorisierte Enquête-Kommission mit Abgeordneten und Experten im Bundestag zu wenig, sagte Schmidt. "Wir wollen alle Ebenen beleuchten und Bund, Länder und Kommunen ebenso beteiligen wie die Bürgerinnen und Bürger." Der FDP warf sie eine Verweigerungshaltung vor: "Leider waren unsere hohen Ansprüche an diese nachhaltige Aufarbeitung der Pandemie mit der FDP nicht zu machen."
Die drei Koalitionspartner hatten vor der Sommerpause grundsätzlich eine kritische Nachbetrachtung der Pandemie vereinbart. Kanzler Scholz sprach sich dabei für die Form eines Bürgerrats aus. Der dritte Koalitionspartner, die Grünen, zeigten sich zuletzt offen für Bürgerrat oder Kommission. Hauptsache sei, dass es überhaupt eine Aufarbeitung der Corona-Politik gebe, argumentieren sie.
(O.Joost--BBZ)