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Die israelische Armee hat Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bei einem Luftangriff im Libanon getötet und der pro-iranischen Miliz damit einen schweren Schlag versetzt. Nach dem Bombardement des Hisbollah-Hauptquartiers in Beirut am Freitag bestätigte die Miliz am Samstag den Tod ihres langjährigen Anführers. Der Iran und andere Verbündete der Hisbollah verurteilten den Angriff, US-Präsident Joe Biden sprach von einer "Maßnahme der Gerechtigkeit". Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte vor einer weiteren Eskalation in der Region.
Der israelischen Armee zufolge wurde Nasrallah während eines Treffens der Hisbollah-Spitze bei einem Luftangriff auf deren Hauptquartier in einem Vorort von Beirut getötet. Der Einsatz trug demnach den Codenamen "New Order" (Neue Ordnung) und fand im Rahmen von massiven Luftangriffen auf südliche Vororte der libanesischen Hauptstadt statt.
Nach Armeeangaben wurden neben Nasrallah mehrere hochrangige Kommandeure getötet. Damit seien nun "die meisten" Anführer der Hisbollah "eliminiert" worden, sagte Armeesprecher Nadav Shoshani.
Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna meldete zudem die Tötung des stellvertretenden Kommandeurs der iranischen Revolutionsgarden, Abbas Nilforuschan. Der Iran und der Libanon riefen als Reaktion auf den Tod Nasrallahs eine mehrtägige Staatstrauer aus.
Der seit Jahren versteckt lebende Hisbollah-Chef Nasrallah galt als mächtigster Mann im Libanon. Seit 1992 stand er an der Spitze der Organisation, die aus einer politischen Partei und einer bewaffneten Miliz besteht. Nasrallah sei "für die Ermordung zahlreicher israelischer Zivilisten und Soldaten sowie für die Planung und Ausführung Tausender Terrorakte verantwortlich" gewesen, erklärte die israelische Armee.
Als möglicher Nachfolger Nasrallahs wurde dessen Cousin Haschem Safjeddin gehandelt, der seit Jahren dem mächtigen Hisbollah-Exekutivrat angehört. 2017 hatten die USA und Saudi-Arabien Safjeddin auf ihre jeweiligen Terrorlisten gesetzt.
In der Nacht und am Samstag flog Israel dutzende weitere Luftangriffe im Libanon, unter anderem auf Hisbollah-Hochburgen im Süden und Osten des Landes. Am Samstagabend griff Israel laut libanesischen Sicherheitskreisen zudem ein Lagergebäude nahe dem Flughafen von Beirut an. Seit Freitagabend attackierte die israelische Armee nach eigenen Angaben mehr als 140 "Terrorziele der Hisbollah" im Libanon.
Bereits vor gut einer Woche hatte die israelische Armee der Hisbollah-Führung einen schweren Schlag versetzt: Bei einem Luftangriff in einem Vorort von Beirut wurde am 20. September außer dem Chef der Eliteeinheit Radwan, Ibrahim Akil, auch deren ranghoher Kommandeur Ahmed Mahmud Wahbi getötet. Den Militärchef der Hisbollah, Fuad Schukr, hatte Israel bereits im Juli bei einem Angriff in Beirut getötet.
Rund ein Jahr nach dem brutalen Überfall der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober hatte sich auch der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah zuletzt deutlich zugespitzt, seit Tagen flog Israel massive Luftangriffe auf Ziele im Libanon, während die Hisbollah den Norden Israels mit Raketen beschoss.
Die Hisbollah ist mit dem Iran und der radikalislamischen Hamas verbündet. Die Hamas verurteilte die Tötung Nasrallahs am Samstag als "feigen Terrorakt". Der oberste geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, verurteilte das israelische Vorgehen im Libanon als "kurzsichtig und dumm". Das iranische Außenministerium schrieb im Onlinedienst X, Nasrallahs Weg werde fortgesetzt, "und sein heiliges Ziel wird mit der Befreiung von Jerusalem verwirklicht werden, so Gott will".
Russland verurteilte die Tötung Nasrallahs als "politischen Mord". Das Außenministerium in Moskau rief Israel auf, "jegliches militärische Vorgehen sofort einzustellen".
Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot verlange ebenfalls die "sofortige Einstellung der israelischen Luftangriffe im Libanon". Zugleich rief er die Hisbollah und den Iran dazu auf, von jeglichen Handlungen abzusehen, "die zu einer weiteren Destabilisierung und einem regionalen Flächenbrand führen könnten".
Bundesaußenministerin Baerbock bezeichnete die Lage in der Region als "brandgefährlich". Eine "Destabilisierung" sei "in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels", sagte Baerbock im "Bericht aus Berlin" der ARD. Es bestehe die Gefahr, dass "diese Region in die absolute Gewaltspirale weiter reinrutscht".
Aus den USA kam hingegen Rückendeckung für Israel. US-Präsident Biden rechtfertigte die Tötung Nasrallahs als "Maßnahme der Gerechtigkeit für seine vielen Opfer, darunter Tausende von Amerikanern, Israelis und libanesischen Zivilisten" und bekräftigte Israels Recht auf Verteidigung gegen "die Hisbollah, die Hamas, die Huthis und andere vom Iran unterstützte Terrorgruppen".
US-Vizepräsidentin Kamala Harris bezeichnete Nasrallah als "Terroristen mit amerikanischem Blut an den Händen". Die USA führen die Hisbollah seit 1997 auf ihrer Terrorliste. 1983 waren bei einem Hisbollah-Doppelanschlag in Beirut fast 300 Soldaten aus den USA und Frankreich getötet worden.
(P.Werner--BBZ)