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Der seit einem schlechten Wahlergebnis angeschlagene französische Präsident Emmanuel Macron will sich künftig stärker auf EU-Reformen konzentrieren. "Für mich hat die europäische Ebene oberste Priorität", sagte Macron bei einer Debatte der Denkfabrik Berlin Global Dialogue am Mittwoch. "Hier werde ich mehr Energie investieren als bisher, denn hier können wir Wachstum schaffen", fügte er hinzu.
Macron, der in Frankreich in der Kritik stand, in der nationalen Politik alles allein entscheiden zu wollen, hat nun den konservativen Premierminister Michel Barnier an der Seite, der sich deutlich von ihm abgrenzt. So habe Barnier seine am Dienstag gehaltene Regierungserklärung weitgehend unabhängig vom Elysée erarbeitet, hieß es in Paris.
Macron bekräftigte in Berlin seine Forderung nach einem "Investitionsschock" in der EU, damit diese wettbewerbsfähig bleibe. "Wir müssen sehr viel mehr investieren (...), um strategische Autonomie zu fördern", sagte Macron und verwies dabei auf Verteidigung, Klimawandel, Künstliche Intelligenz und den Gesundheitssektor.
Die Frage, ob dafür eine gemeinsame Schuldenaufnahme nötig sei, beantwortete er ausweichend. "Der beste Weg, etwas umzusetzen, besteht darin, nicht gleich zu Beginn große Erschütterung zu verursachen", sagte Macron. "Das weiß ich aus Erfahrung", fügte er mit Blick auf die deutsch-französischen Meinungsverschiedenheiten bei dem Thema hinzu.
Er erinnerte an den mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschlossenen Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro während der Corona-Pandemie als Antwort auf den "Schock" für die Wirtschaft. "Wir erleben derzeit einen vergleichbaren Schock für unsere Wirtschaft, dessen Ausmaß unterschätzt wird", sagte Macron mit Blick auf die Konkurrenzsituation mit den USA und China.
Der französische Präsident bekräftigte seine Unterstützung für europäische Strafzölle auf chinesische E-Autos. Die EU-Kommission habe "einen guten Job" gemacht, "obwohl sie unter Druck stand, anders zu handeln", sagte Macron in Anspielung auf die kritische Haltung Deutschlands.
Vertreterinnen und Vertreter der 27 EU-Länder sollen am Freitag über die Vorschläge der EU-Kommission abstimmen, für aus China importierte Elektroautos zusätzliche Zölle in Höhe von bis zu 36,3 Prozent zu verhängen. Deutschland hatte sich aus Furcht vor chinesischen Vergeltungsmaßnahmen für eine Verhandlungslösung eingesetzt.
Mit Blick auf das geplante Handelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten wiederholte Macron seine Forderung nach "fairen" Wettbewerbsbedingungen. "Wir können unsere Industrie und Landwirtschaft nicht Regeln auferlegen und uns gleichzeitig Staaten öffnen, die diese Regeln nicht respektieren", sagte Macron.
Auch hier sind Frankreich und Deutschland nicht einer Meinung: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte mit zehn weiteren EU-Regierungschefs Anfang September in einem offenen Brief einen baldigen Abschluss des Abkommens gefordert.
Scholz und Macron waren am Mittwochmittag zu einem Gespräch über bilaterale und internationale Themen zusammengetroffen. Dabei ging es nach Angaben eines Regierungssprechers in Berlin um die deutsch-französische Zusammenarbeit, die Unterstützung für die Ukraine und der Lage im Nahen Osten. Beide Politiker verurteilten die iranischen Raketenangriffe auf Israel aufs Schärfste. Es war Macrons vierter Deutschlandbesuch in diesem Jahr.
(L.Kaufmann--BBZ)