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Tag der Entscheidung in den USA: Im bis zuletzt extrem knappen Präsidentschaftsrennen haben die US-Bürger am Dienstag die Wahl zwischen Vizepräsidentin Kamala Harris von den Demokraten und dem republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump. Die ersten Wahllokale öffnen im Osten des Landes um 06.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ). Noch Stunden zuvor warben die beiden Kandidaten um jede einzelne Stimme vor allem in voraussichtlich entscheidenden Bundesstaaten wie Pennsylvania. In Washington und anderen Städten wuchs die Angst vor Unruhen.
Ihre Abschlusskundgebungen hielten Harris und auch Trump am Montagabend (Ortszeit) in zwei besonders umkämpften Bundesstaaten ab: Die Demokratin trat in der Ostküstenmetropole Philadelphia im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania auf, der Republikaner in Grand Rapids im ebenfalls als Swing State geltenden Michigan.
Die Resultate in den sieben sogenannten Swing States - in denen bei vergangenen Wahlen mal die Demokraten, mal die Republikaner gewonnen hatten - dürften angesichts der Besonderheiten des US-Wahlrechts entscheidend für den Ausgang sein. Laut der jüngsten Umfrage der "New York Times" und des Siena Instituts liegt Harris zwar in vier der sieben wichtigen Swing States vorn - in Pennsylvania verlor sie demnach allerdings an Zustimmung, so dass sie dort nun mit Trump gleichauf liegt.
Harris gab sich dort in ihrer letzten Wahlkampfrede dennoch siegessicher: Das Momentum sei auf ihrer Seite, versicherte sie. "Dies könnte eines der engsten Rennen in der Geschichte werden - jede Stimme zählt", fügte sie an. Um ihre optimistische Rhetorik zu untermalen, hielt die 60-Jährige ihre Abschlusskundgebung auf der Treppe zum Kunstmuseum Philadelphia Museum of Art, die seit dem 1976 erschienen Film "Rocky" um einen von Sylvester Stallone gespielten Boxer weltberühmt ist.
An Harris' Seite traten erneut Prominente auf, darunter Popstar Lady Gaga und Talkshow-Legende Oprah Winfrey. Harris wäre die erste Frau und Politikerin mit indisch-afroamerikanischen Wurzeln an der Spitze der Vereinigten Staaten.
Trump äußerte sich bei seinem Auftritt in Michigan gewohnt selbstbewusst. "Mit Eurer Stimme morgen können wir jedes einzelne Problem unseres Landes lösen und Amerika - ja, die Welt - zu neuem Ruhm führen", sagte er.
Erneut schlug Trump zudem feindselige Töne gegenüber Migranten an. Der Ex-Präsident, der in der Vergangenheit auch bei Wrestling-Kämpfen aufgetreten war und unter anderem von Wrestling-Legende Hulk Hogan unterstützt wurde, sprach davon, Migranten in Kämpfen der Organisation UFC gegen Profis antreten zu lassen.
"Ich will, dass der Migrant gegen den Champion antritt und glaube, dass der Migrant tatsächlich gewinnen könnte. So fies sind einige dieser Typen", sagte der 78-Jährige. Begleitet wurde Trump auf der Bühne von mehreren Familienmitgliedern - nicht jedoch von seiner Ehefrau Melania.
Harris und Trump liefern sich in den Umfragen seit Monaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, so dass mit einem äußerst knappen Wahlausgang gerechnet wird. Ergebnisse aus ersten Bundesstaaten werden nach 19.00 Uhr (Ortszeit, Mittwoch 01.00 Uhr MEZ) erwartet. Es ist aber fraglich, ob die US-Fernsehsender schon in der Wahlnacht einen Gesamtsieger ausrufen werden oder ob das Rennen so knapp ist, dass noch länger gewartet werden muss. Das Harris-Team ging am Montag bereits davon aus, dass Trump wie 2020 vorzeitig seinen Sieg erklären könnte.
Vor vier Jahren hatte Trump nach seiner Wahlniederlage unhaltbare Betrugsvorwürfe erhoben und diese über Wochen ohne jegliche Beweise verbreitet - Washington erlebte daraufhin einen Gewaltexzess, als eine von Trump aufgestachelte Menge am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmte.
Mit Blick auf befürchtete mögliche Gewaltausbrüche wurden in der Hauptstadt Washington die Sicherheitskräfte verstärkt, Kapitol und Weißes Haus sind mit Metallbarrieren gesichert, zahlreiche Geschäfte und Bürogebäude wurden verriegelt. In mindestens drei Bundesstaaten - Nevada, Washington und Oregon - wurde die Nationalgarde mobilisiert. Bei einer Rückkehr Trumps ins Weiße Haus befürchten viele, dass der Rechtspopulist der US-Demokratie schweren Schaden zufügen könnte.
Neben der Präsidentschaft entscheiden die Wählerinnen und Wähler am Dienstag auch über die künftige Machtverteilung im US-Kongress. Die 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowie 34 der hundert Senatoren werden neu gewählt. Im Repräsentantenhaus, in dem derzeit die Republikaner die Mehrheit haben, deuten Umfragen auf ein extrem knappes Ergebnis hin. Im Senat zeichnete sich demnach eine Mehrheit der Republikaner ab.
In zehn Bundesstaaten finden zudem Referenden zum Abtreibungsrecht statt - das zu einem der wichtigsten Themen des Wahlkampfs zählte. In elf der 50 Bundesstaaten wird zudem ein neuer Gouverneur gewählt.
Wahlentscheidend dürfte unter anderem die Mobilisierung der Wähler sein. Jüngsten Angaben zufolge haben vorab bei der Frühwahl in den Wahllokalen oder per Briefwahl bereits mehr als 82 Millionen der insgesamt 244 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Das ist bereits mehr als die Hälfte der bei der Wahl vor vier Jahren insgesamt abgegebenen Stimmen.
Erste Wahllokale schließen um 18.00 Uhr (Ortszeit; 00.00 Uhr MEZ Mittwoch). Als letzter Bundesstaat macht Alaska am Mittwoch um 01.00 Uhr Washingtoner Zeit (07.00 Uhr MEZ Mittwoch) dicht.
(L.Kaufmann--BBZ)