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Kein Strom, keine Heizung, kein Wasser: Russland greift in der Ukraine wieder vermehrt Kraftwerke für die Strom- und Wärmeversorgung an. Dahinter stecke die "perfide Absicht", die Menschen im Winter im Dunkeln frieren zu lassen, sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Donnerstag bei einem Besuch in der Ukraine. Um in Notfällen zu helfen und die beschädigte Energieinfrastruktur möglichst schnell wieder aufzubauen, übergab Schulze der Ukraine Teile eines deutschen Hilfspakets für den dritten Kriegswinter.
Das Bundesentwicklungsministerium stellt über das Winterpaket insgesamt 90 Millionen Euro bereit. 70 Millionen Euro hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags im September gebilligt, 20 Millionen Euro steuert das Ministerium aus umgeschichteten Mitteln bei.
Finanziert werden damit etwa Hubbühnen, die zur Reparatur von Stromleitungen gebraucht werden und von denen Schulze mehrere persönlich an den ukrainischen Stromnetzbetreiber Ukrenergo übergab. Mit diesen Geräten könnten Schäden "maximal schnell behoben werden", sagte Interims-Geschäftsführer Oleksiy Brecht bei einem Rundgang durch ein schon mehrfach angegriffenes Umspannwerk im Norden der Ukraine.
Außerdem begutachtete Schulze eines von gut 80 mobilen Blockheizkraftwerken, die an Orten Wärme und Strom produzieren sollen, wo die Versorgung ausgefallen ist. Die gasbetriebene Anlage soll nach Angaben des Ministeriums in wenigen Tagen in der Region Mykolajiw in Betrieb genommen werden und etwa 70 Wohnblöcke mit 13.000 Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten versorgen. Die ersten Blockheizkraftwerke aus dem Winterpaket wurden bereits an ihre Einsatzorte gebracht.
Außerdem umfasst das Hilfspaket 20 mobile Heizkesselhäuser, Transformatoren und Hybridgeneratoren. Mit dieser Ausstattung sollen den Angaben zufolge insgesamt 2,6 Millionen Menschen in der Ukraine Wärme und Strom erhalten. Im Winter sei diese Hilfe "überlebenswichtig für die Menschen", sagte Schulze.
In einer Feuerwache in Kiew übergab Schulze zudem von Deutschland finanzierte und von einer deutschen Firma hergestellte Löschroboter, welche die ukrainischen Einsatzkräfte vor den gefürchteten russischen Doppelangriffen schützen sollen. Mit den ferngesteuerten Spezialfahrzeugen können sie nach einem Erstangriff Brände aus sicherer Entfernung löschen.
Etwa die Hälfte der ukrainischen Infrastruktur ist nach Angaben von Ukrenergo bereits durch russische Angriffe zerstört oder beschädigt. Allein in diesem Jahr hat Russland demnach schon elf Großangriffe auf das ukrainische Stromnetz gestartet. Eine Folge der massiven Schäden sind stundenlange Stromabschaltungen und in der Folge auch Ausfälle von Heizungen und Wasserversorgung.
Ein weiterer Schwerpunkt lag bei Schulzes Besuch auf der Stärkung der ukrainischen Gesundheitsversorgung. Die Ministerin besuchte das größte Kinderkrankenhaus der Ukraine in Kiew, das bis zu einem Angriff im Juli jedes Jahr rund 20.000 teils schwerstkranke Kinder behandelt hatte. Ein Klinikgebäude wurde bei dem Angriff zerstört, mehrere andere wurden stark beschädigt. Zwei Erwachsene wurden getötet, mehr als 30 weitere Menschen wurden verletzt.
Die Bundesregierung leistete damals schnell Hilfe, damit schwerkranke Kinder in andere Kliniken verlegt werden konnten. Damit das Ochmatdyt-Krankenhaus wieder voll einsatzfähg ist, hat Schulzes Ministerium unter anderem moderne Dialysegeräte und Laborausstattung beschafft.
Ein Kinderkrankenhaus anzugreifen, sei "unmenschlich", sagte Schulze bei ihrem Besuch. Es sei "erschreckend zu sehen, dass hier Neugeborene mit Sandsäcken geschützt werden müssen", sagte Schulze. Denn auf der Neugborenenstation und der Kinderintensivstation können die Patienten bei Luftalarm nicht einfach in den Keller laufen, wie der Leiter der Intensivstation, Oleksandr Urin, berichtete. "Deshalb wartet die ganze Ukraine nicht nur auf medizinische Geräte, sondern auch auf zusätzliche Luftverteidigung. Das ist der einzige Weg uns zu schützen."
(U.Gruber--BBZ)