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Der Bundestag hat eine Grundgesetzänderung zum besseren Schutz des Verfassungsgerichts vor demokratiefeindlichen Kräften beschlossen. Ein gemeinsamer Gesetzentwurf von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP wurde am Donnerstag mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen - gegen den Widerstand von AfD und BSW. Am Freitag soll nun der Bundesrat über die Grundgesetzänderung entscheiden, die wesentliche Strukturen des Gerichts künftig in der Verfassung festschreiben soll.
Für die Änderung stimmten 600 Abgeordnete - und damit deutlich mehr als die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit von 489. Gegen die Änderung votierten in namentlicher Abstimmung 69 Abgeordnete. Bei SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP stimmten alle teilnehmenden Abgeordneten mit Ja. Geschlossen mit Nein stimmte das BSW, bei der AfD nur der Abgeordnete Dietmar Friedhoff mit Ja, der Rest dagegen.
Ziel der Grundgesetzänderung ist es, das Gericht besser vor Risiken im Fall eines Erstarkens extremistischer Parteien abzusichern. In der Verfassung festgeschrieben werden soll insbesondere die Struktur des Gerichts mit zwei Senaten von je acht Richterinnen und Richtern. Gleichfalls festgeschrieben werden soll die Amtszeitbegrenzung auf jeweils zwölf Jahre, die Altersgrenze der Richterinnen und Richter, das Wiederwahlverbot und die Geschäftsordnungsautonomie des Gerichts.
Auf die Änderungen hatten sich SPD, CDU/CSU, die Grünen und die FDP sowie der fraktionslose Abgeordnete Stefan Seidler (Südschleswigscher Wählerverband) verständigt. Die Bestimmungen können künftig nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat wieder geändert werden. Bisher wäre das bei vielen wesentlichen Merkmalen des Verfassungsgerichts mit einfacher Mehrheit möglich.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies auf die Erfahrungen der Weimarer Republik. Sie sagte vor den Abgeordneten, das Scheitern der damaligen Demokratie sei auch auf das Versäumnis zurückzuführen, "die notwendigen Schritte" einzuleiten, diese "zu schützen und zu verteidigen".
Bundesjustizminister Volker Wissing (parteilos) nannte die Erfahrungen in einigen ost- und mitteleuropäischen Länder, wo "Verfassungsgerichte unter Druck geraten" seien. Solange deren Struktur und Befugnisse in einfachen Gesetzen geregelt seien, könnten sie "zum Erfüllungsgehilfen parlamentarischer Mehrheiten" gemacht werden.
Ähnlich äußerte sich der frühere Bundesjustizminister und heutige FDP-Generalsekretär Marco Buschmann. Die Änderungen seien "ein guter Tag für die Demokratie" - auch weil die fraktionsübergreifende Einigung noch im beginnenden Bundestagswahlkampf möglich gewesen sei. Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz warf der AfD in der Debatte vor, "offen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung" zu agieren.
Der AfD-Abgeordnete Fabian Jacobi bezichtigte die an der Grundgesetzänderung beteiligten Parteien, sich als "die wackeren Verteidiger des Rechtsstaats gegen die böse AfD" darzustellen. Dies sei aber ein "Märchen". Die anderen Parteien wollten das Gericht vielmehr "weiter unter sich aufgeteilt halten", sagte Jacobi. Deshalb solle die Möglichkeit geschaffen werden, die Wahl der Verfassungsrichter "aus dem Deutschen Bundestag in den Bundesrat" zu verschieben, weil die AfD dort vorerst nicht vertreten sei.
Jacobi bezog sich dabei auf den vorgesehenen Ersatzwahlmechanismus. Derzeit wird je die Hälfte der Richterinnen und Richter durch Bundestag und Bundesrat gewählt. Der Ersatzwahlmechanismus soll genutzt werden können, wenn in einer der Parlamentskammern absehbar die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zustandekommt. Dann könnte künftig die jeweils andere Parlamentskammer das Wahlrecht ausüben.
Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz sagte dazu, mit der Änderung werde die Rolle der Länder gestärkt, wenn es zur Blockade der Richterwahl komme. Der CDU-Vertreter Günter Krings warf der AfD vor, mit einem eigenen Gesetzentwurf das Gericht lahmlegen zu wollen. Er sah vor, dass das Gericht auch die Nichtannahme von Verfassungsbeschwerden begründen müsste. Dies sei angesichts tausender Eingänge in Karlsruhe pro Jahr nicht möglich, sagte Krings. Über den AfD-Gesetzentwurf wurde am Donnerstag nicht abgestimmt.
Der Deutsche Richterbund begrüßte die Grundgesetzänderung. DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn regte an, auch die Bundesländer sollten nun "ihre Landesverfassungen und Justizgesetze nochmals auf mögliche Schwachstellen überprüfen". Ähnlich äußerte sich der Deutsche Anwaltverein (DAV). Er versprach mit Blick auf die Änderungen zum Bundesverfassungsgericht von einem "enorm wichtigen Signal".
(K.Lüdke--BBZ)