Berliner Boersenzeitung - Letzte große Klinik im Norden von Gaza nach israelischem Einsatz "außer Betrieb"

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Letzte große Klinik im Norden von Gaza nach israelischem Einsatz "außer Betrieb"
Letzte große Klinik im Norden von Gaza nach israelischem Einsatz "außer Betrieb" / Foto: - - AFP/Archiv

Letzte große Klinik im Norden von Gaza nach israelischem Einsatz "außer Betrieb"

Bei einem israelischen Militäreinsatz ist das letzte große Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO "außer Betrieb" gesetzt worden. Zudem wurde der Leiter der Kamal-Adwan-Klinik in Beit Lahia von der israelischen Armee festgenommen, wie das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte. Die israelische Armee betonte ihrerseits, der Einsatz richte sich gegen Kämpfer der radikalislamischen Hamas.

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"Die Besatzungstruppen haben Dutzende medizinische Mitarbeiter des Kamal-Adwan-Krankenhauses zum Verhör in ein Haftzentrum gebracht, darunter auch den Direktor Hossam Abu Safijeh", erklärte das Gesundheitsministerium der Hamas-Regierung. Auch die Zivilschutzbehörde im Gazastreifen teilte mit, dass Abu Safijeh festgenommen worden sei. Ein Versuch der Nachrichtenagentur AFP, den Klinikleiter zu erreichen, bleib zunächst erfolglos.

Die israelische Armee äußerte sich auf Anfrage von AFP zunächst nicht zu dem Vorfall. Sie hatte am Freitag erklärt, einen Einsatz gegen Hamas-Kämpfer im Gebiet der Klinik eingeleitet zu haben und angegeben, die Einrichtung sei eine "zentrale Hochburg für terroristische Organisationen".

Die Hamas gab ihrerseits an, israelische Streitkräfte hätten die Klinik gestürmt. Das "medizinische Personal, die Patienten, die Verletzten und die Flüchtlinge" seien "zur Evakuierung gezwungen" worden. Die radikalislamische Gruppe bestritt zudem "kategorisch die Anwesenheit von militärischen Aktivitäten oder Widerstandskämpfern in dem Krankenhaus".

Die WHO erklärte am Freitagabend im Onlinedienst X, die Klinik sie "außer Betrieb" gesetzt worden: "Erste Berichte deuten darauf hin, dass einige wichtige Abteilungen bei der Razzia stark verbrannt und zerstört wurden." Sie erklärte, dass sich 60 medizinische Angestellte und 25 Patienten in lebensbedrohlichem Zustand, darunter an Beatmungsgeräte angeschlossene Patienten, Berichten zufolge weiter in dem Krankenhaus befänden. Die UN-Gesundheitsorganisation mache sich "große Sorgen um ihre Sicherheit", hieß es.

Das Gesundheitsministerium erklärte, das "gesamte medizinische Personal und die Vertriebenen" seien evakuiert worden, es gebe viele Verletzte innerhalb des medizinischen Teams. Das Krankenhaus habe am Freitagmorgen noch rund 350 Menschen beherbergt, darunter 75 Kranke und Verletzte sowie 180 medizinische Mitarbeiter, hieß es.

Ein aus dem Krankenhaus evakuierter Palästinenser sagte AFP, die israelische Armee habe alle jungen Männer "aufgefordert, ihre Kleidung auszuziehen und das Krankenhaus zu verlassen". Dutzende Männer, darunter Ärzte und Patienten, seien an "einen unbekannten Ort" gebracht worden, wo sie verhört und zu "Widerstandskämpfern, der Hamas und Waffen" befragt worden seien, erklärte der Mann.

Der Krankenhausleiter Abu Safijeh hatte in den Tagen vor dem Einsatz wiederholt auf die prekäre Lage der Einrichtung hingewiesen. Am Montag warf er Israel in einer Erklärung vor, das Krankenhaus "mit der Absicht anzugreifen, die Menschen darin zu töten und gewaltsam zu vertreiben". Am Donnerstag waren nach Angaben des Krankenhauschefs bei einem israelischen Angriff fünf Mitarbeiter getötet worden - ein Kinderarzt, eine Laborantin, zwei Krankenwagenfahrer und ein Haustechniker.

Indes gab die israelische Armee an, der Einsatz basiere auf Geheimdienstinformationen über "terroristische Infrastrukturen und Aktivisten" nahe des Krankenhauses. Die Soldaten führten "gezielte Einsätze in dem Gebiet aus, während sie den Schaden für unbeteiligte Zivilisten, Patienten und medizinisches Personal begrenzen".

Seit dem 6. Oktober hat Israel seine Land- und Luftoffensive im nördlichen Gazastreifen intensiviert, um zu verhindern, dass sich Kämpfer der Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen in dem Gebiet neu formieren.

Israel beschuldigt die Hamas, Zivilisten als menschliche Schutzschilde und zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulgebäude für ihre Infrastruktur zu nutzen, unter anderem als Kommandozentralen und Waffenlager. Die israelischen Streitkräfte stießen an Einrichtungen wie diesen nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges im Gazastreifen immer wieder auf Tunnel und weitere Infrastruktur der Hamas. Die Hamas streitet das ab.

Der Krieg war durch einen Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter militanter Palästinensergruppen auf Israel ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben 1208 Menschen getötet wurden. 251 weitere Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 96 der Geiseln sind demnach noch immer in der Gewalt der Hamas. 34 von ihnen wurden von Israel offiziell für tot erklärt.

Israel geht seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 45.480 Menschen getötet. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

(P.Werner--BBZ)