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Knapp viereinhalb Jahre nach einem mutmaßlich dschihadistischen Anschlag in einer Kirche in Nizza mit drei Toten muss sich ein 25 Jahre alter Tunesier wegen Mordes aus terroristischen Motiven vor Gericht verantworten. Der angeklagte Brahim Aouissaoui bestätigte am Montag vor dem Gericht in Paris seine Identität, erklärte aber, dass er den Namen seines Anwalts nicht kenne.
Aouissaoui hatte während der Ermittlungen betont, an starkem Gedächtnisverlust zu leiden und sich an nichts mehr erinnern zu können. Aufgezeichnete Telefonate während seiner Haft deuten jedoch darauf hin, dass dies nicht der Realität entspricht.
Nach Darstellung der Anklage war der seit längerem radikalisierte Aouissaoui nach Frankreich gekommen, mit der festen Absicht, einen Anschlag zu verüben. Er verließ Tunesien, ohne seine Familie zu informieren, erreichte Italien per Boot und reiste per Zug nach Frankreich weiter. Am Vormittag des 29. Oktobers 2020 begab er sich mit einem Küchenmesser in die Basilika von Nizza und tötete drei Menschen. Zweien von ihnen trennte er den Kopf ab.
Bei den Opfern handelte es sich um eine 60 Jahre alte Katholikin, eine 44 Jahre alte Franko-Brasilianerin, die dem ersten Opfer zu Hilfe kommen wollte, und den 55 Jahre alten Küster. Aouissaoui wurde von der Polizei schwer verletzt.
Vier Tage zuvor hatte ein dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahe stehendes Medium einen Aufruf veröffentlicht, Franzosen "in ihren Kirchen zu enthaupten". Ermittler fanden heraus, dass Aouissaoui in Tunesien mit Dschihadisten in Kontakt war und dass er einem Bekannten kurz vor der Tat mitgeteilt habe, dass er "einen Plan im Kopf" habe. Er schien einen Hass auf Frankreich zu haben, das er als "Land der Ungläubigen" bezeichnete.
Der Herbst 2020 war in Frankreich von mehreren dschihadistischen Anschlägen geprägt gewesen: Zuvor hatte ein junger Pakistaner zwei Menschen mit einem Beil schwer verletzt, weil er sie für Angestellte des Satireblatts "Charlie Hebdo" hielt. Zudem hatte ein junger Tschetschene den Lehrer Samuel Paty getötet, nachdem dieser in einer Unterrichtsstunde über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte.
In Nizza hatte es im Juli 2016 einen Anschlag eines dschihadistisch motivierten Tunesiers gegeben, der mit einem Lkw in eine Menschenmenge gefahren war und 86 Menschen in den Tod gerissen hatte.
(F.Schuster--BBZ)