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Vor dem umstrittenen Besuch von Ungarns Regierungschef Viktor Orban bei Russlands Präsident Wladimir Putin hat der ungarische Verteidigungsminister Tibor Benko deutliche Kritik am Vorgehen der Nato in der Ukraine-Krise geübt. "Es besteht keine Notwendigkeit, 1000 Nato-Soldaten nach Ungarn zu schicken und hier permanent zu stationieren", sagte Benko in einem am Dienstag in ungarischen Medien veröffentlichten Interview.
Staats- und Regierungschefs dürften in der aktuellen Situation nicht in eine "Kalte-Kriegs-Rhetorik" verfallen, mahnte Benko. "Niemand möchte eine Situation schaffen, in der die Menschen Angst und Sorgen haben."
Der Verteidigungsminister spielte damit offenbar auf die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden an, wegen des Konflikts mit Russland zusätzliche US-Soldaten in die osteuropäischen Nato-Staaten zu entsenden. Die USA und andere westliche Länder befürchten wegen eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der ukrainischen Grenze einen Einmarsch Russlands ins Nachbarland.
Ungarn ist seit 1999 Nato- und seit 2004 EU-Mitglied; der rechtspopulistische Ministerpräsident Orban pflegt jedoch deutlich engere Beziehungen zum Kreml als seine westlichen Partner. Auch in der aktuellen Ukraine-Krise vertritt Orban eine weichere Haltung gegenüber Moskau.
Putin empfängt Orban an diesem Dienstag, eine gemeinsame Pressekonferenz soll nach Angaben des Kreml gegen 14.00 oder 15.00 Uhr MEZ stattfinden. Laut Putin-Sprecher Dmitri Peskow wollen sich Putin und Orban über bilaterale Themen sowie zur "Frage der Sicherheit auf dem europäischen Kontinent" austauschen. Orban seinerseits hat angekündigt, mit Putin eine Vereinbarung über zusätzliche Gaslieferungen treffen zu wollen.
Die ungarischen Oppositionsparteien forderten Orban in einer gemeinsamen Erklärung zur Absage seines Moskau-Besuchs auf. Dieser widerspreche den nationalen Interessen Ungarns, argumentierten die Parteien. Indem er sich mit Putin treffe, ermutige Orban "den russischen Präsidenten indirekt dazu, die derzeitigen Spannungen weiter zu eskalieren".
Für Verstimmung dürfte Orbans Besuch auch bei seinen engen osteuropäischen Verbündeten sorgen. Gemeinsam mit der rechtsnationalen polnischen Regierung bildet Orban eine innereuropäische Front gegen die EU-Kommission, die sowohl Polen als auch Ungarn Rechtsstaatlichkeitsverstöße vorwirft. Im Umgang mit Russland verfolgen Warschau und Budapest jedoch entgegengesetzte Ansätze. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki besuchte als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine am Dienstag deren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Orbans Moskau-Besuch dürfte nicht zuletzt innenpolitisch motiviert sein. Im März wird in Ungarn ein neues Parlament gewählt. Umfragen sagen ein enges Rennen zwischen Orbans Fidesz-Partei und einem Oppositionsbündnis voraus.
(Y.Berger--BBZ)