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Eine Studie schätzt die Zahl der Corona-Toten in den ersten beiden Jahren der Pandemie etwa drei Mal höher ein als offizielle Daten zeigen. Laut der am Freitag in der britischen Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichten Studie starben zwischen Anfang 2020 und Ende 2021 weltweit vermutlich mehr als 18 Millionen Infizierte. Die offiziellen Statistiken vermittelten nur ein "unvollständiges Bild", schlussfolgerten die Autoren.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte die weltweite Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 am 11. März 2020, also vor genau zwei Jahren, offiziell als Pandemie eingestuft. Covid-19-Erkrankungen waren laut der britischen Studie seitdem eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Die Studie stützt sich auf Daten zur Übersterblichkeit. Dabei wird die Zahl der Gesamt-Todesfälle weltweit unabhängig von der Todesursache mit einer aus Daten vergangener Jahre errechneten erwartbaren Todeszahl verglichen.
Laut staatlichen Aufzeichnungen wurden vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2021 weltweit insgesamt 5,94 Millionen Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet. Die Forscher schätzen jedoch, dass im Untersuchungszeitraum weitere 12,3 Millionen Fälle nicht erfasst wurden. Die Differenz könnte demnach durch fehlende Diagnosen sowie einen schlechteren Zugang der Menschen zu den überlasteten Gesundheitssystemen erklärt werden.
Nach Weltregionen betrachtet wiesen die lateinamerikanischen Andenstaaten, Ost- und Mitteleuropa und das südliche Subsahara-Afrika die höchsten Übersterblichkeitsraten für die vergangenen zwei Jahre auf. Die höchste Übersterblichkeit wurde demnach im schwer von Covid getroffenen Bolivien verzeichnet. Australien und Neuseeland, die in dem Zeitraum kaum Fälle hatten, wiesen hingegen eine statistische Untersterblichkeit auf.
Die Ergebnisse der neuen Studie liegen im Rahmen früherer Schätzungen. So berechnete das Magazin "The Economist" Mitte November die Zahl der Pandemie-Toten auf 17 Millionen weltweit. Die WHO gab an, dass die tatsächliche Zahl der Todesfälle vermutlich zwei bis drei Mal größer als die offiziellen Aufzeichnungen sein könnte.
Viele Todesfälle hätten nach Einschätzung von WHO-Experten verhindert werden können, wenn Länder weltweit schneller und konsequenter auf Warnungen der WHO reagiert hätten. Am 30. Januar 2020 habe die WHO den weltweiten Gesundheitsnotstand ausgerufen, sagte WHO-Notfalldirektor Michael Ryan am Donnerstag. Diese Warnung sei "viel wichtiger" gewesen als die Ausrufung der Pandemie am 11. März 2020, habe damals aber kaum Gehör gefunden. Die Menschen hätten "nicht zugehört" und vor allem "nicht gehandelt".
Die mangelnde Reaktion auf die höchste Alarmstufe der WHO habe ihn damals "fassungslos" gemacht, sagte Ryan. Viele Länder hätten die Dringlichkeit der Lage nicht erkannt und erst nach der Ausrufung der Pandemie reagiert. "Möchten Sie eine Warnung, die besagt, dass Sie gerade ertrunken sind, oder möchten Sie eine Warnung, die besagt, dass die Flut kommt?", fragte Ryan. Auch die WHO wird oft kritisiert, zu Beginn der Pandemie zu langsam reagiert zu haben.
(A.Lehmann--BBZ)