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Zwei Wochen nach der überraschenden Ablehnung im EU-Parlament haben die Europaabgeordneten einen Kompromiss zur Ausweitung des europäischen Emissionshandels mit breiter Mehrheit abgesegnet. Bei der Abstimmung am Mittwoch wurde unter anderem beschlossen, dass der Handel mit CO2-Zertifikaten auf die Bereiche Verkehr und Gebäude ausgeweitet werden soll. Auch der Einführung eines CO2-Grenzausgleichs stimmten die EU-Parlamentarier zu.
Damit steht nun die Position des Parlaments für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten darüber, wie die EU auf dem Weg zur vollständigen Klimaneutralität Mitte des Jahrhunderts ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 verringern kann. Wichtige Teile dieses "Fit for 55"-Pakets sind die Ausweitung des Emissionshandels und die CO2-Grenzabgabe.
Zentral ist dabei, dass CO2 quasi ein Preisschild hat - Einsparungen zahlen sich so aus, ungebremster Ausstoß wird hingegen zum Kostenfaktor. Einen Emissionshandel, der darauf basiert, dass Unternehmen Verschmutzungsrechte vorweisen, gibt es auf EU-Ebene bereits. Dieses System soll nun aber reformiert und ausgeweitet werden.
Für die Bereiche Gebäude und Verkehr stimmte das EU-Parlament am Mittwoch dafür, dass kostenlose Zertifikate von 2027 bis 2032 schrittweise abgeschafft werden und ab 2025 ein Bonus-Malus-System gilt. Für private Häuser oder Autos soll der Emissionshandel frühestens ab 2029 gelten.
Beim Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) fordern die EU-Parlamentarier, dass dieses System schneller als bislang geplant kommt und kostenlose Zertifikate im Emissionshandelssystem bis 2032 abgeschafft werden. Außerdem solle der Grenzausgleich für mehr Bereiche gelten - darunter organische chemische Stoffe, Plastik, Wasserstoff und Ammoniak sowie indirekte Emissionen.
Der CBAM-Mechanismus zielt darauf ab, zu verhindern, dass für europäische Unternehmen Wettbewerbsnachteile durch Klimaschutzvorgaben entstehen oder Unternehmen womöglich CO2-intensive Produktionen aus der EU in andere Länder verlagern, um den CO2-Preis zu umgehen. Deshalb soll es eine schrittweise Einführung einer Importabgabe auf bestimmte klimaschädliche Produkte aus Drittländern geben. Importeure von beispielsweise Eisen oder Stahl sollen dann CO2-Zertifikate entsprechend der Klimaschädlichkeit ihrer Einfuhren kaufen müssen.
Kritik am Parlamentsbeschluss äußerten Umweltschutzorganisationen. Der WWF monierte, dass das Europaparlament "seine Rolle als Verfechter des Klimaschutzes aufgegeben" habe. "Mit dem schwachen Kompromiss vom Mittwoch wird die Ausgestaltung des EU-Emissionshandels nicht 1,5-Grad-kompatibel sein", erklärte die WWF-Klimaexpertin Juliette de Grandpré. Nötig sei unter anderem "ein schnellstmögliches Ende der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten - spätestens aber bis 2030".
Germanwatch kritisierte, die Einigung im Parlament beim Emissionshandel und beim CO2-Grenzausgleich gehe nicht weit genug. "Insgesamt ist das ein zu kleiner Schritt für den jetzt notwendigen Klimaschutz, gerade vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Dringlichkeit, Europa unabhängig vom Import fossiler Energie zu machen", erklärte die Germanwatch-Expertin für CO2-Preise, Anne Gläser.
Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) kritisierte hingegen, dass "der gefundene Kompromiss in Sachen Klimazoll höchst unfair gegenüber Unternehmen" sei, die auf betroffene Vormaterialien wie Stahl angewiesen sind. "Der heutige Beschluss benachteiligt die Verarbeiter der vom Grenzausgleich betroffenen Grundstoffe aus Drittländern massiv", bemängelte WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer.
(F.Schuster--BBZ)