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In Schweden steht eine als "Müll-Königin" bekannte Unternehmerin gemeinsam mit zehn weiteren Angeklagten wegen des vermutlich größten Umweltskandals der Geschichte des Lande vor Gericht. Die Gruppe rund um das Unternehmen NMT Think Pink soll dafür verantwortlich sein, dass 200.000 Tonnen teils toxischer Abfall in verschiedenen Landesteilen illegal verbracht wurden. Am Dienstag startete das Verfahren vor einem Gericht im Norden von Stockholm.
Die ehemalige Chefin des Unternehmens, Bella Nilsson, nannte sich selbst gern "Müll-Königin". Die ehemalige Stripperin verbarg ihre Augen beim Prozessauftakt hinter einer großen Sonnenbrille. Ebenfalls vor Gericht erschienen ihr Ex-Mann und Firmengründer Thomas Nilsson, der exzentrisch-reiche Unternehmer und Teilnehmer einer Reality-TV-Show Leif Ivan Karlsson und der selbsternannte "Müll-Makler" Robert Silversten.
NMT Think Pink habe massenweise Abfälle eingesammelt, "ohne die Absicht oder Fähigkeit, sie im Einklang mit dem Gesetz zu behandeln", erklärte die Staatsanwaltschaft. Es gehe um Baumaterialien, Elektronik, Metalle, Kunststoffe, Holz, Reifen, Spielzeug und anderes.
Der Abfall sei unsortiert und ohne ausreichenden Schutz angehäuft und schließlich einfach liegen gelassen worden. In der Folge seien erhebliche Mengen PCB (polychlorierte Biphenyle, die zu den sogenannten ewigen Chemikalien gehören), Blei, Quecksilber, Arsen und andere Chemikalien in Luft, Boden und Wasser gelangt, erklärte die Anklage.
In Hochzeiten, zwischen 2018 und 2020, waren die großen pinkfarbenen und mit Bauschutt gefüllten Säcke von NMT Think Pink auf den Bürgersteigen von Stockholm allgegenwärtig. Zahlreiche Kommunen, Bauunternehmen, Wohnungseigentümergemeinschaften und Haushalte beauftragten die Firma, um ihre Abfälle zu entsorgen. Think Pink gewann zweimal einen prestigeträchtigen Preis für das am schnellsten wachsende Unternehmen des Landes. 2020 wurde die Führungsriege des Unternehmens festgenommen, Think Pink ging pleite.
Die Ermittlungen ergaben ein 45.000 Seiten starkes Dossier. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft konnten nicht alle Orte, an denen illegal Abfall entsorgt worden war, aufgenommen werden, weil dies den Rahmen gesprengt hätte. Sie hoffe aber, dass die vorliegenden Informationen genügten "um den systematischen Charakter des Verbrechens aufzuzeigen", sagte die Staatsanwältin Linda Schön der Zeitung "Dagens Nyheter".
Mehrere Gemeinden fordern Schadensersatz für die Reinigungs- und Dekontaminationskosten in Höhe von insgesamt 260 Millionen Kronen (23 Millionen Euro). Prominent sind die Forderungen der Gemeinde Botkyrka, wo Berge von Think-Pink-Abfällen Feuer fingen und in den Jahren 2020 und 2021 monatelange Brände auslösten.
Alle Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück. Bella Nilsson erklärte, ihr Unternehmen habe im Einklang mit dem Gesetz gehandelt, sie könne alles erklären. Sie sei Opfer eines Komplotts von Wettbewerbern. 150 Zeugen sollen nun gerichtlich angehört werden. Ein Urteil dürfte frühestens im kommenden Frühjahr fallen.
(T.Burkhard--BBZ)