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Mit einem Plädoyer des Gastgebers für fossile Energien und ohne eine Reihe einflussreicher Staatenlenker wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in Baku das Gipfelsegment der Weltklimakonferenz begonnen. In seiner Rede lobte der aserbaidschanische Staatschef Ilham Alijew klimaschädliches Erdöl und Erdgas als "Gottesgeschenk". UN-Generalsekretär António Guterres appellierte im Konferenzplenum, eine Vereinbarung während der zweiwöchigen Verhandlungen zur Klimafinanzierung in Entwicklungsländern sei "ein Muss".
Mehr als 75 Staats- und Regierungschefs standen auf der Rednerliste des zweitägigen Gipfelsegments der diesjährigen UN-Klimakonferenz (COP29). Von der Gruppe der 20 einflussreichen Industrie- und Schwellenländer (G20), die für fast 80 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind, sagten sich allerdings nur eine Handvoll Staatenlenker an.
Kanzler Scholz hat wegen des Bruchs der Ampel-Koalition abgesagt; auch der scheidende US-Präsident Joe Biden und die Staatschefs von China und Frankreich, Xi Jinping und Emmanuel Macron, reisen nicht an. Der Staatschef des Gastgeberlandes der UN-Klimakonferenz im kommenden Jahr, der Brasilianer Luiz Inácio Lula da Silva, schickte nur seinen Stellvertreter.
Die Reden der Staats- und Regierungschefs zu Beginn der Klimakonferenz sollen den Verhandlungen den nötigen Schwung geben. Um "Führung" in der Klimapolitik zu demonstrieren, kündigte der britische Premierminister Keir Starmer im Plenum eine schnellere Reduktion des Treibhausgasausstoßes seines Landes an: Statt um 78 Prozent sollen die Emission bis 2035 um 81 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert werden.
Gastgeber Alijew nutzte seinen Auftritt hingegen für ein Plädoyer für die weitere Nutzung von Erdöl und Erdgas. Dabei handele es sich ebenso um wichtige Ressourcen und ein "Gottesgeschenk" wie bei Wind und Sonne. Ländern, die über fossile Brennstoffe verfügten, solle "nicht vorgeworfen werden, dass sie diese auf den Markt bringen, denn der Markt braucht sie", fügte der aserbaidschanische Staatschef hinzu.
Aserbaidschan ist in hohem Maße abhängig von seinen Öl- und Gaseinnahmen. Außerdem steht das COP29-Gastgeberland wegen seines autoritären Staatschefs und der Menschenrechtslage in der Kritik.
Einen Schatten auf die COP29 wirft auch der bevorstehende Amtsantritt des Klimawandel-Leugners Donald Trump in den USA. UN-Klimasekretär Simon Stiell machte in Baku deutlich, dass er den globalen Kampf gegen den Klimawandel durch Trumps Sieg bei der Präsidentschaftswahl nicht bedroht sieht. Der US-Klimaberater Ali Zaidi versicherte, sein Land sei in Baku "sehr darauf konzentriert, ein gutes Ergebnis zu erzielen".
UN-Generalsekretär Guterres mahnte in Baku eine Einigung beim zentralen Thema Klimafinanzierung an. "Die Entwicklungsländer dürfen Baku nicht mit leeren Händen verlassen", sagte er. Die reichen Industriestaaten hätten ein wirtschaftliches Eigeninteresse daran, ärmere Länder ausreichend beim Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.
Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, wies in einem Beitrag für die "Financial Times" auf eine wachsende Finanzierungslücke hin. Der Finanzbedarf bei der Klimaanpassung sei "bis zu 18 Mal größer als die gegenwärtigen Zusagen".
Die Verhandlungen über die neue Klimafinanzierungszusage reicher Länder für die Zeit nach 2025 gestalten sich schwierig. Der Ugander Adonia Ayebare, der einer Gruppe von mehr als 100 Staaten - zumeist Entwicklungsländer sowie China - vorsteht, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe in Baku den Entwurf einer Vereinbarung zurückgewiesen. "Wir können das nicht akzeptieren", sagte er angesichts von aus seiner Sicht unzureichender Zusagen.
Einigungen gab es hingegen bei der Regulierung des Emissionshandels. Am Montagabend stimmten die fast 200 Teilnehmerstaaten einigen Grundregeln für den globalen Handel mit Emissionsgutschriften zu und setzten so einen Mechanismus in Gang, der seit dem Pariser Abkommen von 2015 erwartet worden war.
COP29-Präsident Muchtar Babajew sprach von einem "Durchbruch", allerdings müssten noch weitere Rahmenbedingungen für den Emissionshandel festgelegt werden. Die Ausarbeitung der Regeln zieht sich schon seit Jahren hin, da es von ihnen abhängt, ob der Emissionshandel wirklich zu mehr Klimaschutzmaßnahmen führt oder als Schlupfloch genutzt wird.
Im Emissionshandel können Staaten und Unternehmen für Klimaschutzprojekte - etwa das Pflanzen von Bäumen oder das Ersetzen umweltschädlicher Kohlekraftwerke durch saubere Alternativen - sogenannte Gutschriften erwerben. Eine Gutschrift entspricht einer Tonne eingesparten Kohlenstoffdioxids.
Es gibt außerhalb des UN-Rahmens bereits einen internationalen Emissionshandel zwischen Staaten und Unternehmen, die mit "Klimaneutralität" werben wollen. Gegen diesen werden allerdings immer wieder Vorwürfe des sogenannten Greenwashings und Betrugs erhoben. Zudem gibt es bilaterale Emissionshandelsvereinbarungen zwischen Staaten.
Die UN-Regeln sollen unter anderem Doppelgutschriften ausschließen, bei denen sowohl der Käufer der Emissionsgutschriften als auch das Land, in dem die Einsparungen erfolgen, diese geltend macht. Kritiker warnen außerdem, dass der Handel dazu führen könnte, dass Länder mit hohen Emissionen nicht an einem klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft arbeiten.
Zudem könnten Verkäufer von Emissionsgutschriften klimapolitisch unvernünftige Maßnahmen ergreifen und etwa neue Bäume anpflanzen, die dann bald schon wieder gefällt werden, oder die Emissionseinsparungen zu hoch angeben.
(F.Schuster--BBZ)