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Die Pläne der Ampel-Regierung zur Änderung des Klimaschutzgesetzes stoßen beim Expertenrat für Klimafragen auf große Skepsis. Das Vorhaben, die jährlichen Sektorziele zum Treibhausgas-Ausstoß etwa für die Bereiche Verkehr oder Gebäude aufzuweichen, erhöhe das Risiko für zukünftige Zielverfehlungen, erklärte der Expertenrat am Montag. In der Reaktion der Bundesministerien auf die Expertenmeinung zeigten sich deutliche Unterschiede.
Die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP hatten sich Ende März in einer Marathon-Sitzung auf die Änderungen geeinigt. Demnach sollen die strikten jährlichen Sektorziele zum Treibhausgas-Ausstoß aufgeweicht werden. Künftig soll es möglich sein, Zielverfehlungen in einem Sektor in einem anderen auszugleichen.
Der Vorsitzende des Expertenrats, Hans-Martin Henning, plädierte am Montag ausdrücklich dafür, wie bisher "jahresscharfe Ziele für jeden Sektor" für die erlaubte Menge an Emissionen festzulegen. Die Vize-Vorsitzende Brigitte Knopf betonte, ohne konkrete Ziele habe die Politik ein "Glaubwürdigkeitsproblem".
Der Expertenrat bestätigte in seinem Prüfbericht "bis auf einen geringfügigen Korrekturbedarf" die Berechnungen des Umweltbundesamts zu den Emissionen im vergangenen Jahr. Die Gesamtemissionen sanken demnach verglichen mit 2021 um 1,9 Prozent.
Die Überprüfung der Daten habe aber erneut bestätigt, dass in den Sektoren Verkehr und Gebäude die Ziele teils weit verfehlt wurden. Und die Emissionsminderungen in den anderen Sektoren wie Energiewirtschaft und Industrie seien teilweise "krisenbedingt und möglicherweise nicht von Dauer", warnte das Gremium.
Derzeit "könnte kein Sektor dem anderen aushelfen", sagte die Vize-Vorsitzende Knopf mit Blick auf die Ampel-Pläne. Nach jetziger Gesetzeslage müssten die Bundesministerien für Verkehr und für Bau bis Mitte Juli Klimaschutzsofortprogramme vorlegen, so das Gremium.
Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte dazu, dass "zeitnah, das heißt, vor Ablauf der Frist, wo man nach dem alten Klimaschutzgesetz ein Klimaschutzsofortprogramm sektorspezifisch vorlegen müsste", das neue Klimaschutzgesetz vorliegen werde. Er bestätigte damit indirekt, dass das Ministerium kein Sofortprogramm vorlegen wird.
Vom Kanzleramt kam Rückendeckung: "Was der Kollege gerade ausgeführt hat, ist richtig", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner. "Es gibt jetzt eine andere Beschlusslage."
Das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dämpfte allerdings die Erwartungen an eine schnelle Gesetzesreform. Die Arbeiten daran stünden "eher am Anfang", sagte eine Sprecherin. Eine konkrete Zeitplanung bis zur Verabschiedung könne sie nicht nennen.
Der parlamentarische Staatssekretär im Klimaschutzministerium, Stefan Wenzel (Grüne), erklärte, das im vergangenen Sommer mit dem Bauministerium ausgehandelte Sofortprogramm werde "zeitnah" überprüft, um sicherzustellen, "dass die beabsichtigten Minderungswirkungen auch kontinuierlich eintreten. Damit entsprechen wir auch der geltenden Rechtslage."
Die Hinweise des Expertenrats nehme das Ministerium sehr ernst, erklärte Wenzel. "Gerade die Ressortverantwortung wird auch in Zukunft wichtig bleiben", unterstrich er. "Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt, daher müssen in allen Sektoren die Emissionen weiter deutlich sinken, vor allem auch im Verkehrssektor."
Der Expertenbericht sei eine "schallende Ohrfeige für die Klimapolitik der Bundesregierung", erklärte Greenpeace Deutschland. Die Organisation forderte mit Blick auf den Verkehrssektor ein Tempolimit, die Abschaffung des Diesel- und Dienstwagenprivilegs sowie einem Aus für neu zugelassene Verbrenner schon ab 2030 - und nicht wie auf EU-Ebene bisher geplant 2035.
Die Umweltorganisation WWF warf der Bundesregierung einen "Klimarechtsbruch" vor, weil sie keine geeigneten Maßnahmen zur Emissionsreduktion im Verkehr und im Gebäudebereich vorlege. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) nannte die "geplante Aufweichung der Sektorziele im Klimaschutzgesetz" einen "Schritt in die falsche Richtung".
(A.Lehmann--BBZ)