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Vertreter von Politik und Umweltverbänden haben den Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima an diesem Freitag zum Anlass genommen, um auf die Gefahren der Atomkraft hinzuweisen. "Elf Jahre nach der mehrfachen Kernschmelze in Fukushima ist die Situation vor Ort noch immer sehr kritisch", erklärte der Grünen-Umweltpolitiker Stefan Wenzel am Donnerstag. Zugleich würden die Risiken der Atomkraft erneut "durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die dortigen AKW auf erschreckende Weise aktuell".
Mit Blick auf die Folgen der Katastrophe von Fukushima sprach Wenzel von einem "Offenbarungseid" für die Industrienation Japan. "Der Pazifik muss als Müllkippe herhalten für die Abwässer und über den Zustand der geschmolzenen Kerne wird weiterhin spekuliert", kritisierte der Grünen-Politiker. "Zudem liegen noch immer die geschmolzenen Brennstäbe mit enormer Radioaktivität in den havarierten Reaktorgebäuden und können nicht geborgen werden."
Zu den russischen Angriffen auf Akw in der Ukraine erklärte Wenzel: "Unterhalb der Schwelle eines Atomkrieges wird dort – mitten in Europa – ein hybrider Krieg geführt, der mit den Ängsten der Menschen spielt." Falle, wie damals in Fukushima, die Stromversorgung und Notkühlung aus, "drohen bei laufenden Reaktoren eine Kernschmelze oder andere unbeherrschbare Situationen". Forderungen nach einem Aufschub des Atomausstieges in Deutschland erteilte Wenzel angesichts der Risiken dieser Technologie eine klare Absage.
Der Vorsitzende des Umweltverbands BUND, Olaf Bandt, nannte Rufe nach einer Renaissance der Atomkraft "haltlos und zynisch". Mit Blick auf die Ukraine erklärte er: "Einmal mehr lernen wir, dass Atomkraft ein untragbares Sicherheitsrisiko darstellt."
"Dass jetzt kriegerische Handlungen in der Nähe von Kernkraftwerken stattfinden, ist zutiefst problematisch und macht Sorge" erklärte auch der Kernenergie-Experte Christoph Pistner vom Öko-Institut mit Blick auf die Ukraine. Er lehnte ebenfalls ein Festhalten an der Atomkraft in Deutschland ab.
Auch für die Organisation Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) zeigt Russlands Krieg gegen die Ukraine "erneut die dringliche Notwendigkeit, sich von Atomenergie und fossilen Energien unabhängig zu machen". "Raketeneinschläge in der Nähe der aktiven Atomkraftwerke wie Saporischschja oder dem Atomkraftwerk Südukraine sind ein Spiel mit dem atomaren Feuer“, warnte die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen.
Selbst wenn ein Reaktor durch Angriffe nur beschädigt sein sollte und abgeschaltet würde, "könnte er sich durch den Verlust von Kühlwasser so stark erhitzen, dass es zu Explosionen käme wie in Fukushima", erklärte Claußen weiter. Schon Stromunterbrechungen könnten eine Kernschmelze auslösen, von der die Menschen in ganz Europa betroffen wären. Auch sie erinnerte an Fukushima. Schon die Katastrophe dort habe gezeigt: "Atomenergie ist nirgends sicher zu betreiben."
Das am Meer gelegene Atomkraftwerk Fukushima war kurz nach einem schweren Erdbeben am 11. März 2011 von einem fast 15 Meter hohen Tsunami getroffen worden. Das Kühlsystem des Kraftwerks fiel aus, in drei der sechs Reaktoren kam es zur Kernschmelze. Die Katastrophe verwandelte umliegende Orte in Geisterstädte.
(Y.Berger--BBZ)