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Zeitungszusteller, die die Zeitungen regelmäßig vor sechs Uhr morgens austragen, haben Anspruch auf einen Nachtzuschlag von 30 Prozent. Dies sei bei "Dauernachtarbeit" angemessen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Freitag veröffentlichten Urteil. Etwas anderes gilt demnach nur, wenn abweichende tarifliche Regelungen bestehen. (Az: 10 AZR 261/20)
Die Klägerin ist Zeitungszustellerin im Raum Paderborn. Sie trägt jeden Werktag vor sechs Uhr und für mehr als zwei Stunden Tageszeitungen aus, donnerstags und samstags zudem Anzeigenblätter.
Von der Vertriebs-GmbH erhielt sie dafür den gesetzlichen Mindestlohn. Dies waren im Streitjahr 2018 8,84 Euro, seit Anfang 2022 sind es 9,82 Euro und künftig ab 1. Juli 2022 10,45 Euro pro Stunde.
Mit ihrer Klage verlangte sie einen Zuschlag für ihre Nachtarbeit in Höhe von 30 Prozent, für die Monate August bis November 2018, das waren insgesamt 954,15 Euro.
Dem gab das BAG nun statt. Sofern keine tarifliche Ausgleichsregelung besteht, verpflichte das Arbeitszeitgesetz Arbeitgeber, für Nachtarbeit einen angemessenen Ausgleich durch freie Tage oder durch einen Lohnzuschlag zu gewähren. Hier gebe es keine Tarifregelung, und der Arbeitgeber habe keine freien Tage gewährt. Daher sei er zum finanziellen Ausgleich verpflichtet.
Üblicherweise gelte dabei nach bisheriger Rechtsprechung ein Lohnzuschlag von 25 Prozent als "angemessen". Davon könne es aber Abweichungen nach oben und unten geben.
Die Zeitungszustellerin leiste "Dauernachtarbeit" an jedem Werktag. Daher sei ein Zuschlag von 30 Prozent angemessen, urteilte das BAG. Nach dem Erfurter Urteil gilt dies auch für Teilzeitbeschäftigte. Das Gesetz mache den angemessenen Ausgleich nur davon abhängig, dass die Arbeitszeit in den Nachtstunden von 23 bis 6 Uhr (Bäckereien 22 bis 5 Uhr) mehr als zwei Stunden beträgt.
Den Hinweis des Verlags auf den hohen Kostendruck bei Tageszeitungen ließen die Erfurter Richter nicht gelten. Die Interessen der Arbeitgeber müssten hinter dem vom Gesetzgeber gewollten Arbeitnehmerschutz zurücktreten. Ein unzulässiger Eingriff in die Handlungs- und Berufsausübungsfreiheit der Arbeitgeber sei dies nicht. Auch die Pressefreiheit könne einen geringeren Zuschlag nicht rechtfertigen, urteilte das BAG.
(K.Lüdke--BBZ)