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Im Vorfeld des diesjährigen Tags der Arbeit haben die Gewerkschaften ihre Forderung nach deutlichen Lohnzuwächsen in den diesjährigen Tarifverhandlungen bekräftigt. Es gehe darum, einen Ausgleich für die hohe Inflation durchzusetzen, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann. Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte, nach zwei Jahren Zurückhaltung wegen der Pandemie "erwarten unsere Mitglieder einen kräftigen Lohnzuwachs".
Hoffmann sagte den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Samstagsausgaben), die Lohnforderungen seien trotz der durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg verursachen schwierigen Lage gerechtfertigt. "Alle Gewerkschaften haben den Anspruch, Realeinkommen zu sichern und an den Produktivitätsgewinnen der Firmen teilzuhaben", unterstrich er.
Das werde unter den jetzigen Bedingungen deutlich anspruchsvoller, räumte der DGB-Chef ein. "Aber ich verstehe nicht, wie Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf sagen kann, jetzt sei keine Zeit für Tariferhöhungen, wenn auf den Hauptversammlungen der Konzerne steigende Dividenden beschlossen werden", fügte Hoffmann hinzu.
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte der "Rheinischen Post": "Zwei Jahre haben wir wegen der Pandemie eine verantwortliche Lohnpolitik gemacht." Im Mittelpunkt habe "die erfolgreiche Sicherung von Beschäftigung in der tiefsten Rezession unserer Nachkriegsgeschichte" gestanden. "Nun erwarten unsere Mitglieder einen kräftigen Lohnzuwachs."
Hofmann warnte allerdings auch vor zu hohen Erwartungen: "Der Inflationsausgleich kann nicht allein Sache der Gewerkschaften sein." Hier sei auch der Staat gefragt, der durch Entlastungen dafür sorgen müsse, dass die hohen Energiepreise von Arbeitnehmern getragen werden können. "Wir wollen aber mit unseren Abschlüssen dafür sorgen, die Kaufkraft der Arbeitnehmer zu erhalten", betonte der IG-Metall-Vorsitzende.
Im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks sagte Hofmann, seine Gewerkschaft wolle dafür sorgen, "dass die wieder sprudelnden Gewinne auch fair wieder verteilt werden".
Auch der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, kündigte Lohnforderungen deutlich über Inflationsrate an. "Wir wollen in den Tarifrunden mindestens die Preissteigerungen ausgleichen, wenn möglich auch eine Steigerung der Reallöhne erreichen, also über der Inflationsrate abschließen", sagte Werneke der "Augsburger Allgemeinen". "Wir werden versuchen, diese tarifpolitischen Ziele beispielsweise in diesem Jahr bei der Telekom, im nächsten Jahr bei der Post oder auch im öffentlichen Dienst durchzusetzen."
Werneke nannte Lohnabschlüsse von fünf oder sechs Prozent ein realistisches Ziel: "Das ist unser Anspruch. Solche Prozent-Marken peilen wir an." Dafür müssten die Gewerkschaften in einigen Tarifbereichen aber "sehr viel Kraft entwickeln".
Die designierte DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:"Gesamtwirtschaftlich ist klar: Wir müssen die Kaufkraft stärken. Deswegen braucht es auch eine Lohnentwicklung, mit der die Inflation ausgeglichen wird." Das gelte erst recht, "da die Inflation sich nicht auf Lohnsteigerungen der Vergangenheit gründet – sondern auf die Folgen von Krisen, Krieg und Lieferkettenunterbrechungen."
Warnungen, dass hohe Tarifabschlüsse die Inflation zusätzlich anheizen könnten, wies Fahimi zurück. "Die Mär von der Lohn-Preis-Spirale ist nichts anderes als der Versuch, Inflation und Krisenbewältigung auf die Masse der Verbraucher abzuwälzen", sagte sie. Je nach Branche gebe es auch weiterhin Produktivitätssteigerungen. "Auch die sollten an die Beschäftigten weitergegeben werden", forderte Fahimi.
Der DGB-Bundeskongress soll die SPD-Bundestagsabgeordnete am 9. Mai zur neuen Vorsitzenden des Gewerkschafts-Dachverbands wählen. Der 66-jährige Hoffmann geht in Ruhestand.
(H.Schneide--BBZ)