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Arbeitnehmer können im Einzelfall auch schon dann Ansprüche wegen einer Schwerbehinderung haben, wenn diese noch gar nicht gemeldet oder gar anerkannt ist. Hierfür muss sie aber für den Arbeitgeber offenkundig sein, wie am Donnerstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied. Die Hürden hierfür sind demnach aber hoch. (Az: 8 AZR 191/21)
Im konkreten Fall wies das BAG einen Hausmeister ab, der im Zeitpunkt der Kündigung wegen eines Schlaganfalls halbseitig gelähmt auf der Intensivstation lag. Er war bei einer Leihfirma beschäftigt und in einer Grundschule in Sachsen-Anhalt eingesetzt. Als die Stadt als Trägerin der Schule den "Vertrag über eine Personalgestellung" kündigte, kündigte die Leihfirma deswegen dem Hausmeister das Arbeitsverhältnis.
Mit seiner Klage verlangte der Hausmeister eine Diskriminierungsentschädigung. Er sei wegen einer Behinderung benachteiligt worden. Dem Arbeitgeber sei bekannt gewesen, dass er einen Schlaganfall erlitten und mit halbseitiger Lähmung auf der Intensivstation gelegen habe. Daher habe die Leihfirma nicht ohne die Zustimmung des Integrationsamts kündigen dürfen.
Das BAG bestätigte, dass die Kündigung eines Schwerbehinderten ohne Zustimmung des Integrationsamts ein – allerdings widerlegbares – Indiz für eine Diskriminierung ist. Dies könne auch schon dann gelten, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft noch nicht beantragt und erst recht noch nicht bescheinigt wurde.
Nach dem Erfurter Urteil ist es hierfür aber notwendig, dass die Schwerbehinderung für den Arbeitgeber offenkundig war. Dabei gehöre es zur Schwerbehinderteneigenschaft, dass die Behinderung von Dauer ist. Hier sei so kurz nach dem Schlaganfall aber noch nicht klar gewesen, ob die halbseitige Lähmung bleiben würde.
(F.Schuster--BBZ)