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Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt im Oktober auf zwölf Euro brutto pro Stunde. Der Bundestag beschloss die Erhöhung am Freitag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und der Linken. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, für Niedrigverdiener sei dies vielfach "der größte Lohnsprung ihres Lebens".
Von der Erhöhung des Mindestlohns würden fast sieben Millionen Menschen im Niedriglohnbereich profitieren, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge RTL/ntv. Heil betonte vor der Abstimmung im Bundestag, die Erhöhung sei eine "Frage des Respekts" für harte Arbeit.
"Diese Bundesregierung" sorge für reale Entlastung für Menschen mit geringem Einkommen. Dazu trage der Mindestlohn bei, aber "wir wollen auch wieder mehr Tariflöhne", denn "wir wollen nicht, dass alle nur zwölf Euro bekommen", sagte der Minister weiter. Daher wolle die Regierung dafür sorgen, dass Aufträge des Bundes nur an Unternehmen gehen, die nach Tarif bezahlen.
Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es seit Januar 2015, seitdem stieg er auf Empfehlung der prüfenden Mindestlohnkommission stetig an. Seit Jahresbeginn gilt eine gesetzliche Lohnuntergrenze von 9,82 Euro, zum 1. Juli steigt sie planmäßig auf 10,45 Euro. Nach der Erhöhung im Oktober entscheidet wieder die Kommission über Anpassungen.
Wirtschaftsverbände kritisierten am Freitag erneut den "Bruch mit bewährten und funktionierenden Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft" - wie etwa Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Damit werde eine originäre Aufgabe der Sozialpartner zum Spielball politischer Erwägungen gemacht mit unabsehbaren Auswirkungen auf das sensible Zusammenspiel bei Tarifverhandlungen, kritisierte Wollseifer in der "Rheinischen Post".
Kritik gab es auch, weil die Mindestlohnerhöhung die Kosten für Unternehmen erhöht. "Diese Erhöhung kommt zur Unzeit", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Die deutliche Steigerung auf zwölf Euro werde vor allem die arbeitsintensiven Obst-, Gemüse- und Sonderkulturbetriebe vor besondere Herausforderungen stellen.
Rukwied kündigte Preiserhöhungen auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher an: "Damit wir Landwirte überhaupt weiter wirtschaften können, müssen wir diese Kosten auch an die Verbraucher weitergeben." Sollten Preiserhöhungen marktbedingt nicht möglich sein, werde die Produktion ins Ausland abwandern, warnte er.
Der Chef des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagte der Funke Mediengruppe, die Mindestlohnanhebung könne dazu führen, dass die Inflation kurzfristig einen Viertelprozentpunkt höher ausfalle, "vielleicht sogar noch ein bisschen mehr". Sie werde aber kein Haupttreiber sein.
Mit dem höheren Mindestlohn beschloss der Bundestag auch eine Ausweitung der Minijob-Grenze von derzeit 450 Euro auf 520 Euro. Sie wird künftig an die Mindestlohnentwicklung gekoppelt sein.
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, sagte AFP dazu am Freitag, die Erhöhung der Minijobgrenze ist eine "längst überfällige Gerechtigkeitsfrage". Viele Minijobberinnen und Minijobber mussten bisher nach Lohnsteigerungen ihre Arbeitszeit verkürzen. Auch das Hickhack um die Erhöhung der Minijobgrenze gehöre mit dem heutigen Tag der Vergangenheit an. Durch die Kopplung an den jeweiligen Mindestlohn steige die Minijobgrenze künftig automatisch.
Linken-Chefin Janine Wissler kritisierte die Mindestlohnerhöhung als zu gering. "Schon im vergangenen Jahr galt, dass erst ein Stundenlohn von rund 13 Euro bei einem langen Arbeitsleben in Vollzeit für eine Rente oberhalb der Armutsgrenze reichte." Bei der aktuellen Inflation steige der Wert von Monat zu Monat. Der Mindestlohn müsse "endlich armutsfest" werden, erklärte sie.
Union und AfD enthielten sich bei der Abstimmung im Bundestag. Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion im Bundestag, Axel Knoerig, nannte die zwölf Euro Mindestlohn "ohne Frage angemessen". Die Kritik der Union richte sich aber auf das Zustandekommen der Summe. Heil habe die Mindestlohnkommission entmachtet.
Knoerig forderte, die Kommission müsse öfter als geplant über die nächsten Lohnschritte entscheiden: "Mit dem jetzigen Gesetz wird sie das erst wieder 2024 tun. Diese zeitliche Lücke ist zu groß."
(P.Werner--BBZ)