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Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will Dienstag sein Konzept für eine verpflichtende staatliche Tierwohlkennzeichnung für Fleischprodukte präsentieren. Bei der Finanzierung lägen die Vorschläge auf dem Tisch – "und wesentliche Akteure habe ich auf meiner Seite", sagte er der "Welt am Sonntag". Allerdings kritisierten Umwelt- und Verbraucherschützer kurz vor der Präsentation mangelnden Tierschutz.
Nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" soll das Label voraussichtlich fünf Stufen umfassen, Bio-Ware soll dabei eine eigene Stufe erhalten. Derzeit gibt es bereits ein vierstufiges Kennzeichnungssystem, das der Einzelhandel zusammen mit der Fleischwirtschaft eingeführt hat.
Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter kritisierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben) die Eckpunkte von Özdemir noch vor deren offizieller Präsentation als unzureichend. "Die Kriterien für das neue gesetzliche Tierhaltungskennzeichen reichen nicht aus, um das Tierwohl grundsätzlich zu verbessern."
So definiere die neue Kennzeichnung nur Haltungsformen für Schweine in Ställen, aus denen Frischfleisch gewonnen und das im Lebensmittelhandel verkauft werde. "Viele Tierwohlaspekte werden überhaupt nicht berücksichtigt, wie der Transport, die Schlachtung oder die Aufzucht. Es ist ein mutloses Kennzeichen, das Verbrauchern keine ausreichende Orientierung gibt." Außerdem erhalte der Verbraucher keinen schnellen Überblick, da die Tierhaltung weder in Stufen eingeteilt noch farblich unterschiedlich gekennzeichnet sei.
Auch Foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann forderte über die Haltung hinausreichende Kriterien. "Wie im Koalitionsvertrag versprochen, muss der Staat die Tiergesundheit in den Betrieben gründlich prüfen – und wenn notwendig mit Hilfen und Sanktionen bessere Tiergesundheit von den Bauern einfordern."
Der Bauernverband pochte derweil auf schnelle finanzielle Hilfe des Staates für die nötigen Stallumbauten. Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte der "NOZ", die Frage, wie das Geld zusammenkommt, sei für die Bauern nicht entscheidend: "Am Ende ist uns das wurscht. Entscheidend ist, dass die Finanzierung steht." Er taxiert die Kosten pro Jahr auf vier Milliarden Euro.
Özdemir sagte der "Welt am Sonntag", es sei klar, dass die Landwirte die Lasten für mehr Tierwohl nicht allein tragen müssten. "Ich kann den Bauern nicht sagen, dass sie die Kosten für eine artgerechtere Tierhaltung und mehr Klimaschutz vom einen auf den anderen Tag selbst über den Markt erlösen sollen. Das würde das Höfesterben beschleunigen – und das kann keiner wollen."
Der Minister kritisierte, das Thema staatliches Tierwohllabel sei von den Vorgängerregierungen trotz eines breiten gesellschaftlichen Konsenses für bessere Haltungsbedingungen auf die lange Bank geschoben worden. "Das nun mitten in der Krise anzugehen, ist nicht leicht."
Rukwied rief zur Eile auf: "Die deutschen Bauern wissen einfach nicht, wie es weitergehen soll", sagte er der "NOZ". Die Politik müsse insbesondere der Not leidenden Schweinehaltung Perspektiven aufzeigen, diese befände sich "in der größten Krise seit Jahrzehnten". Sinkenden Schweinepreisen stünden steigende Ausgaben für Futter und Energie gegenüber. "Jeder Monat, der verloren geht, bedeutet wieder zahlreiche geschlossene Schweineställe."
(F.Schuster--BBZ)