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US-Außenminister Antony Blinken hat den Verdacht geäußert, dass Russland ukrainisches Getreide für den eigenen Profit stiehlt. Berichte, wonach Russland ukrainisches Getreide beschlagnahmt, um dieses selbst zu verkaufen, nannte Blinken am Montag in Washington "glaubwürdig". Er erhob außerdem den Vorwurf, dass Moskau durch die Blockade ukrainischer Getreideausfuhren die Welt "erpressen" wolle.
Die russische Seeblockade des südukrainischen Hafens Odessa verhindere, dass Getreide von dort an seine "normalen Ziele" verschifft werde, sagte Blinken bei einer virtuellem Konferenz seines Ministeriums zu aus dem Ukraine-Krieg entstehenden Risiken für die Nahrungsmittelsicherheit. Rund 20 Millionen Tonnen Weizen seien in Silos nahe Odessa "gefangen".
Dabei handle es sich um eine Strategie des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der erzwingen wolle, dass die restliche Welt "ihm nachgibt" und ihre Sanktionen gegen Russland aufhebt, betonte Blinken. "In anderen Worten, ganz einfach ausgedrückt, es ist Erpressung."
Die "New York Times" hatte am Montag berichtet, dass mehrere Frachtschiffe von Russland kontrollierte Häfen mit "gestohlenem ukrainischen Weizen" verlassen hätten. Die US-Regierung habe 14 überwiegend in Afrika gelegene Länder, für welche der Weizen eigentlich bestimmt sei, auf diesen Vorgang hingewiesen.
Der ukrainische Botschafter in der Türkei hatte am Freitag Moskau beschuldigt, ukrainisches Getreide zu stehlen und dieses vor allem an die Türkei zu liefern.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte seinerseits am Montag, dass die Blockade der Getreide-Exporte in den kommenden Monaten noch deutlich dramatischere Ausmaße annehmen könnte. Die blockierte Menge des für den Export bestimmten Getreides aus der Ukraine könnte sich bis "zum Herbst" auf 75 Millionen Tonnen verdreifachen, sagte er vor Journalisten in Kiew.
Derzeit seien zwischen 20 und 25 Millionen Tonnen Getreide blockiert, "bis zum Herbst könnte diese Zahl auf 70 bis 75 Millionen Tonnen ansteigen", sagte Selenskyj vor Journalisten in Kiew. Vor der russischen Invasion war die Ukraine der weltweit viertgrößte Exporteur von Weizen und Mais.
"Wir brauchen Seekorridore" für die Getreide-Lieferungen, sagte der ukrainische Präsident. Sein Land diskutiere darüber mit der Türkei und Großbritannien sowie der UNO. Über das Meer könnten nach seinen Angaben zehn Millionen Tonnen Getreide pro Monat exportiert werden. Die Ukraine spreche auch mit Polen und den baltischen Staaten über die Ausfuhr kleinerer Getreidemengen auf dem Schienenweg.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Preise für Getreide und Öl in die Höhe getrieben. Russland und die Ukraine zusammen decken normalerweise 30 Prozent des weltweiten Weizenexports ab.
(K.Müller--BBZ)