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Angesichts der weiteren Drosselung russischer Gaslieferungen nach Deutschland haben Bundesregierung und Bundesnetzagentur zur Wachsamkeit sowie zum Energiesparen aufgerufen. "Jede Kilowattstunde zählt", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer am Mittwochabend im Internet verbreiteten Videobotschaft. Er betonte jedoch, die Versorgungssicherheit in Deutschland mit Gas sei nicht gefährdet.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sagte der "Rheinischen Post", er erwarte wegen der verringerten Lieferungen weiter steigende Gaspreise und damit auch drohende kräftige Nachzahlungen für Mieterinnen und Mieter. Für diese könne es "eine böse Überraschung geben", es könne hier schnell um mehr als 1000 Euro gehen. Angeschlagenen Unternehmen könne die Insolvenz drohen.
"Im Mietrecht gibt es Vorgaben, wonach der Vermieter die Heizungsanlage während der Heizperiode so einstellen muss, dass eine Mindesttemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht wird", erinnerte der Behördenchef. Dies könnte zumindest zeitweise abgesenkt werden, schlug Müller vor.
Ebenso wie Habeck und auch das Kanzleramt von Olaf Scholz (SPD) geht Müller davon aus, dass die Reduzierung der Liefermengen politisch motiviert ist und nicht wie vom russischen Gazprom-Konzern behauptet durch ein technisches Problem. "Russland schürt damit leider Verunsicherung und treibt die Gaspreise hoch", sagte der Netzagentur-Chef.
Aktuelle Versorgungsprobleme sieht auch Müller nicht. Schwierig könne es jedoch werden, wenn Gazprom längere Zeit nur 40 Prozent des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1 liefere. "Über den Sommer könnten wir das vielleicht aushalten" es müssten jetzt aber zwingend die Speicher gefüllt werden, "um den Winter zu überstehen", warnte der Präsident der Bundesnetzagentur.
Habeck sagte zur Behauptung von Gazprom, der teilweise Lieferstopp hänge mit Wartungsarbeiten und indirekt mit westlichen Sanktionen zusammen: "Das ist nicht richtig." Zwar gebe es anstehende Wartungsarbeiten an Verdichterstationen, die normalerweise in Kanada vorgenommen würden; diese seien jedoch erst im Herbst fällig und ob hier kanadische Sanktionen überhaupt wirksam seien, werde noch geprüft. Insofern handele es sich aus seiner Sicht "um eine politische Aktion" und "die technischen Gründe sind nur vorgeschoben", betonte der Minister.
Ähnlich hatte sich am Mittwoch auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit geäußert. Habeck bekräftigte seinen Aufruf zum Energiesparen: "Es ist jetzt der Zeitpunkt, das zu tun", hob der Minister hervor. Er warnte davor, in Deutschland den Ukraine-Krieg und dessen Folgen zu verdrängen. Putin wolle die Europäer gegeneinander ausspielen und "das darf ihm nicht gelingen", mahnte er zu Solidarität und Geschlossenheit.
Gazprom hatte seine Lieferungen durch Nord Stream 1 zunächst um 40 Prozent und dann um 60 Prozent verringert. Deswegen können Gasspeicher in Deutschland nicht in geplantem Maße für den Winter gefüllt werden. Geplante neue Flüssiggas-Terminals in Deutschland dürften erst zum Jahresende einsatzbereit sein.
Der Deutsche Mieterbund forderte angesichts der hohen Preise Entlastungen für Verbraucherinnen und Verbraucher. "Für viele Betroffene sind schon die gegenwärtigen Steigerungen eine Katastrophe. Geht es weiter nach oben, können sich viele Menschen Strom und Gas nicht mehr leisten", sagte DMB-Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Notwendig sei daher statt Einmalzahlungen "eine dauerhafte Entlastung bei Heizkosten".
(K.Lüdke--BBZ)