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Der größte Bahnstreik seit mehr als 30 Jahren hat am Dienstag in Großbritannien etliche Pendlerinnen und Pendler ausgebremst. Nach Angaben der Gewerkschaft RMT beteiligten sich insgesamt mehr als 50.000 Mitglieder an den Arbeitsniederlegungen, die auch am Donnerstag und am Samstag der Forderung nach einem kräftigen Lohnplus wegen der Rekordinflation Nachdruck verleihen sollen.
Am Montagabend waren letzte Gespräche zur Abwendung des Ausstands gescheitert. Am Dienstag spielten sich dann mit Beginn des ersten Streiktags teils chaotische Szenen im Berufsverkehr ab: Während vielerorts nur ein Rumpfangebot aufrecht erhalten werden konnte und viele Bahn- und U-Bahnstationen verwaist blieben, bildeten sich etwa in den Londoner Vororten lange Schlangen an Bushaltestellen, während sich auf den Straßen Autos und Busse stauten. Taxiunternehmen merkten eine steigende Nachfrage.
Teils stellte sich die Lage aber auch ruhig dar. "Die Leute arbeiten von zu Hause aus", berichtete ein Zeitungshändler am Bahnhof der Pendlerstadt St. Albans nördlich von London.
Nach Angaben der Gewerkschaft RMT ist der Bahnstreik der größte seit 1989. Gefordert wird von Gewerkschaftsseite deutlich mehr Geld. RMT-Generalsekretär Mick Lynch wies Angebote der Arbeitgeberseite für Erhöhungen unterhalb der Inflationsrate als "inakzeptabel" zurück. Im April hatte die Teuerung der Verbraucherpreise in Großbritannien neun Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit den höchsten Stand seit rund 40 Jahren erreicht.
Verkehrsminister Grant Shapps kritisierte die Arbeitsniederlegungen und sagte, er bedauere die Streiks, die nach seiner Auffassung an die "schlechten alten Zeiten der 1970er" erinnerten, als Arbeitskämpfe weitaus verbreiteter waren. Darunter leiden würden diejenigen Menschen, "die physisch zur Arbeit erscheinen müssen, vielleicht im Niedriglohnsektor wie etwa Reinigungskräfte in Krankenhäusern", sagte er dem Sender Sky News.
Bei den betroffenen Pendlern gab es teils Verständnis, teils Kritik an den Streiks. Der 73-jährige Arzt Peter Chiodini beklagte gegenüber AFP "Unannehmlichkeiten", weil er den Bus statt den Zug nehmen musste. Zudem forderte er, dass ein Mindestangebot aufrecht erhalten werden müsse - etwa weil Schülerinnen und Schüler zu Prüfungen müssten. Die 24-jährige Amber Zito äußerte hingegen Verständnis: Die Eisenbahner versuchten "nur das zu tun, was alle für ihren Job wollen", sagte sie.
(K.Müller--BBZ)