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Vor der konzertierten Aktion im Kanzleramt zum Umgang mit den hohen Lebenshaltungskosten mehren sich die Forderungen nach Entlastungen. SPD-Chefin Saskia Esken forderte, vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen müssten "mit dauerhaften Lohnerhöhungen" unterstützt werden - passend dazu schloss Verdi-Chef Frank Werneke eine tarifpolitische Zurückhaltung der Gewerkschaften aus. Auch über die Ausgestaltung eines möglichen Energiepreisdeckels wurde diskutiert.
Auf Initiative von Kanzler Olaf Scholz (SPD) waren am Montag Vertreter von Bundesregierung, Gewerkschaften und Arbeitgebern geladen. Nach dem Vorbild der konzertierten Aktion Ende der 60er Jahre will das Bündnis Lösungen für die hohen Belastungen für die Bevölkerung erarbeiten. Konkrete Ergebnisse wurden aber noch nicht erwartet.
Esken sagte im Deutschlandfunk, mit dem Ukraine-Krieg habe sich die Inflation "verfestigt", vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen müssten "mit dauerhaften Lohnerhöhungen" unterstützt werden. Trotz hoher Inflation bereits im vergangenen Jahr seien die Löhne 2021 nur um zwei Prozent gestiegen. Die Bundesregierung werde "unter keinen Umständen" einen Eingriff in die Tarifautonomie vornehmen.
Werneke sagte in der ARD, es sei "keine Zeit für eine tarifpolitische Handbremse". Es sei davon auszugehen, dass die Preise dauerhaft steigen und auf hohem Niveau bleiben, sagte der Verdi-Chef. Deshalb müssten auch die Tariflöhne "mit dauerhafter Wirkung" steigen. Es sei das erklärte Ziel der Gewerkschaften, Einkommen ihrer Mitglieder "zu sichern".
Kontrovers diskutiert wurde die Idee, die Energiepreise zu deckeln. Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, hatte am Wochenende vorgeschlagen, dass für jeden Erwachsenen und jedes Kind ein Grundbedarf an Strom und Gas festgelegt werden soll, für den es eine Preisgarantie gebe. Bei einem darüber hinaus gehenden Verbrauch müsse dann mehr gezahlt werden.
Die FDP äußerte Zweifel. Staatlich verordnete Energiemengen seien "nicht der richtige Weg, weil Bedarfe und Lebensumstände höchst unterschiedlich sind", sagte Energieexperte Michael Kruse der "Welt". Es müsse vielmehr alles unternommen werden, damit keine Knappheit entstehe.
Skeptisch zu Fahimis Vorstoß äußerte sich auch Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden - es gehe vor allem ums Energiesparen. "Es ist zentral, dass wir das zur Verfügung stehende Gas effektiv nutzen und gleichzeitig den Verbrauch senken", sagte sie der "Welt". Nur so ließen sich die Preise stabil halten.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) nannte eine Staffelung der Energiepreise hingegen überlegenswert. Wenn Geringverdienende für einen Teil ihrer Gasrechnung einen niedrigeren Preis zahlen müssten, mache das für sie "einen Unterschied", sagte er im Deutschlandfunk. Er schlug zudem "gezielte Steuersenkungen gerade für kleine und mittlere Einkommen" sowie eine Absenkung der Stromsteuer vor. "Nachdrückliche" Unterstützung für Fahimis Vorschlag kam von der Linken.
Besonders die Union senkte vor dem auf zwei Stunden angesetzten Treffen die Erwartungen. Es könne bei den Gesprächen nur darum gehen, "ein gemeinsames Verständnis für die Probleme zu bekommen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), in der ARD. "Das ist in Ordnung, ersetzt aber nicht Regierungspolitik."
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte den Funke Zeitungen, er wolle die Erwartungshaltung an das erste Treffen "nicht zu hoch legen". "Wenn wir zu einem Grundverständnis für die jeweils andere Seite kommen würden, wäre das schon viel wert." Ratschläge für tarifpolitisches Handeln aus der Politik verbat er sich.
(S.G.Stein--BBZ)