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Gut integrierte Ausländer, die in Deutschland lediglich geduldet sind, sollen Aussicht auf ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch ein Migrationspaket, das für solche Fälle ein sogenanntes Chancen-Aufenthaltsrecht vorsieht. Zugleich sollen sowohl die Fachkräfteeinwanderung als auch die Abschiebung von ausländischen Straftätern erleichtert werden. Das Paket sei ein "erster wichtiger Schritt hin zu einem Einwanderungs- und Integrationsland", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Von der Novelle sollen Menschen profitieren, die bis zum Stichtag 1. Januar 2022 mindestens fünf Jahre in Deutschland gelebt haben - die aber kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht haben, sondern nur geduldet sind. Sie sollen für ein Jahr ein "Chancen-Aufenthaltsrecht" bekommen, um die nötigen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu erfüllen. Insbesondere müssen sie nachweisen, dass sie für ihren Lebensunterhalt aufkommen können und ausreichend Deutsch sprechen.
Straftäter bleiben dabei ausgeschlossen. Gut integrierte Jugendliche und junge Erwachsene unter 27 Jahren wiederum sollen bereits nach drei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis bekommen können.
Weitere Regelungen des Gesetzentwurfs beziehen sich auf die Fachkräftezuwanderung. Ausländische Fachkräfte sollen künftig Ehepartnerinnen und -partner sowie minderjährige Kinder nach Deutschland holen können, ohne dass diese zuvor Deutsch-Kenntnisse nachweisen müssen. Asylsuchende sollen von Anfang an Zugang zu Integrationskursen und beruflichen Sprachkursen bekommen - bisher ist dies abhängig davon, ob sie gute Chancen auf einen positiven Asylbescheid haben.
Bei der Abschiebung von ausländischen Straftätern sieht der Gesetzentwurf Verschärfungen vor: Es soll leichter werden, ihnen das Aufenthaltsrecht zu entziehen, und sie können maximal sechs statt drei Monate in Abschiebehaft genommen werden.
Die Bundesregierung wolle die Zuwanderung "aktiv gestalten", anstatt sie, wie es während der Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen sei, "nur widerwillig zu verwalten", sagte Faeser in Berlin. Das "Chancen-Aufenthaltsrecht" beende die "unsägliche Praxis der Ketten-Duldung", welche die Betroffenen sehr belaste. Es sei "höchste Zeit", hier etwas zu ändern.
Die Menschenrechtsorganisation Po Asyl forderte Nachbesserungen. So solle der Stichtag 1. Januar 2022 fallen - denn bei Inkrafttreten des Gesetzes würden bereits weitere Geduldete mindestens fünf Jahre lang in Deutschland leben. Außerdem solle das Bundesinnenministerium alle Bundesländer auffordern, bis zum Inkrafttreten "Vorgriffsregelungen" zu erlassen, um zu verhindern, dass Menschen abgeschoben werden, die demnächst das "Chancen-Aufenthaltsrecht" in Anspruch nehmen könnten.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kritisierte, mit der neuen Regelung würde die Bundesregierung Menschen belohnen, "die nicht verfolgt oder schutzbedürftig sind, ausreisen müssten und sich trotzdem beharrlich weigern". Damit schaffe die Ampel-Koalition "massive Anreize für illegale Migration nach Deutschland", sagte Throm dem "Handelsblatt". Faeser bezeichnete diesen Vorwurf als "Unsinn".
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann und die Grünen-Innenpolitikerin Filiz Polat erklärten, es gehe um "Perspektiven für Menschen, die bereits Teil unserer Gesellschaft sind". Dies sei "ein zentrales flüchtlingspolitisches Vorhaben des Koalitionsvertrages". Das "Chancen-Aufenthaltsrecht" sei zugleich auch "eine Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel".
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, sprach vom "Beginn eines Paradigmenwechsels in der Migrationspolitik". Er betonte zugleich, die nun beschlossenen Regelungen zur Fachkräfteeinwanderung reichten nicht aus - Deutschland müsse "die Einwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland deutlich vereinfachen". Faeser kündigte am Mittwoch bereits an, nach der Sommerpause ein weiteres Migrationspaket zu genau diesem Thema vorzulegen.
(G.Gruner--BBZ)