TecDAX
-12.1500
Der Ukraine-Krieg erhöht die Gefahr von Cyberattacken - jetzt will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Sicherheitsbehörden besser rüsten für die Abwehr von Angriffen aus dem Netz. Sie stellte dafür am Dienstag ihr Programm vor - zu dem auch geplante Grundgesetzänderungen gehören. Sie sollen die Kompetenzen der Bundesbehörden erweitern und die Zusammenarbeit mit den Ländern verbessern.
"Die Zeitenwende, die wir angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erleben, erfordert eine strategische Neuaufstellung und deutliche Investitionen in unsere Cybersicherheit", sagte die Ministerin. So solle das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer Zentralstelle zwischen Bund und Ländern ausgebaut werden. Dafür will Faeser das Grundgesetz ändern. Es reiche nicht, dass das BSI den Ländern, die hier bislang die Zuständigkeit haben, nur Amtshilfe leiste.
"Bund und Länder müssen Cybergefahren koordiniert entgegentreten und ihre Fähigkeiten permanent weiterentwickeln", sagte die Ministerin. Sie hat nach eigenen Worten positive Signale aus den Ländern erhalten, was die Bereitschaft zu einer Grundgesetzänderung betrifft.
Faeser strebt zudem mehr Befugnisse des Bundes bei der Gefahrenabwehr an. Hier müssten die Kompetenzen künftig über die bloße Aufklärung eines Angriffs hinausgehen. "Wir müssen auf IT-Infrastrukturen einwirken können, die für einen Angriff genutzt werden."
Dabei geht es etwa um die Möglichkeit, den Server, von dem aus ein Angriff gestartet wurde, gezielt herunterzufahren. Aggressive Gegenschläge, so genannte Hackbacks, solle es aber nicht geben, betonte die Ministerin.
Neben BSI und BKA soll Faesers Agenda zufolge auch die Bundespolizei gestärkt werden, und zwar durch mehr Personal und bessere Technik. Um bei Cyberattacken schneller handlungsfähig zu sein, sollen die Betreiber kritischer Infrastruktur - etwa im Bereich der Energie- oder Gesundheitsversorgung - zudem dicht an das BSI-Lagezentrum angebunden werden.
Auch kleinere und mittlere Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher sind von Cyberangriffen betroffen. Zum besseren Schutz von Wirtschaft und Gesellschaft wird eine neue Kooperationsplattform beim BSI geschaffen, die Informationen und Dienste zum Selbstschutz bündelt und für alle anbietet.
Auch den strafbaren Inhalten im Netz sagt Faeser den Kampf an. Sie plant eine nationale Strategie zur Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Kinder, bei der neben der Strafverfolgung Prävention und Opferschutzes eine Rolle spielen sollen.
Zudem soll die Kommunikation des Bundes verbessert werden, unter anderem durch die Einführung eines zentralen Videokonferenzsystems für die Bundesverwaltung, die Modernisierung des Digitalfunknetzes für Behörden und die Einrichtung einer Breitbandkommunikation.
Die Grünen verlangten weitere Anstrengungen zur Stärkung der IT-Sicherheit. "Die heute vorgelegte Agenda ist ein erster Aufschlag", erklärte Fraktionsvize Konstantin von Notz. "Weiterhin bedarf es dringend einer zwischen den Häusern abgestimmten, kohärenten IT-Sicherheitspolitik, die innere und äußere Sicherheit gemeinsam denkt."
Auch die FDP drückte aufs Tempo. "Zunehmende Hackerangriffe und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigen die Versäumnisse der Vergangenheit deutlicher denn je", erklärte ihr innenpolitische Sprecher Manuel Höferlin. Deshalb müsse jetzt schnell gehandelt werden, um Deutschland beim Thema Cybersicherheit resilienter zu machen.
Die Union äußerte aber Zweifel daran, dass Faeser ihr Vorhaben innerhalb der Ampel-Koalition wird durchsetzen können. Vor gut einem Jahr habe die unionsgeführte Bundesregierung konkrete Maßnahmen in dieser Hinsicht ergriffen, erklärte die stellvertretende Fraktionschefin Andrea Lindholz (CSU). Über Befugnisse zur aktiven Cyberabwehr, wie Faeser sie nun fordere, "war mit der SPD damals noch nicht zu reden". "Ob sich Frau Faeser damit in ihrer Partei und den Koalitionspartnern FDP und Grünen durchsetzen kann, ist allerdings fraglich."
(P.Werner--BBZ)