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Lockerungen der Corona-Maßnahmen und das seit Juni geltende Neun-Euro-Ticket haben dem öffentlichen Nahverkehr ein deutliches Plus beschert. Im zweiten Quartal zwischen April und Juni waren 46 Prozent mehr Fahrgäste unterwegs als im ersten Quartal und 74 Prozent mehr als im Vorjahresquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Viele Bundesländer wollen ein Nachfolgeangebot für das Ticket, fordern dafür aber die finanzielle Unterstützung des Bundes.
Das Statistische Bundesamt wertete Daten zur Nutzung von Eisenbahnen und S-Bahnen sowie von Straßenbahnen und Stadtbahnen aus. Die Daten stammen von Verkehrsunternehmen, die automatisierte Fahrgastzählsysteme einsetzen.
Die hohe Zunahme der Fahrgäste ist vor allem in Nahverkehrszügen zu beobachten: Im Eisenbahnverkehr stieg die Beförderungsleistung laut Statistik um 68 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal und um mehr als das Doppelte (113 Prozent) im Vergleich zum zweiten Quartal 2021. Mit Straßenbahnen, Hoch- und U-Bahnen fuhren demnach 21 Prozent mehr Menschen als im Vorquartal und 48 Prozent mehr als im Frühjahr 2021.
Die Fahrgäste legten im zweiten Quartal im Schnitt 25 Kilometer zurück. Das waren etwas längere Strecken als im Vorquartal mit 22 Kilometern und im Vorjahresquartal mit 21 Kilometern. Dies dürfte auf das Neun-Euro-Ticket zurückzuführen sein, erklärten die Statistiker.
Das günstige Ticket für den bundesweiten öffentlichen Nahverkehr gilt noch bis Ende August. Derzeit wird intensiv über eine mögliche Fortsetzung diskutiert.
Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusman (CDU) hatte Mitte Juli ein gemeinsames Ticket für die fünf norddeutschen Länder ins Spiel gebracht. Andere Nordländer erteilen dem eine Absage: "So eine Insellösung führt nicht zum Ziel, weil wir Länder damit den Bund aus seiner Pflicht lassen würden", sagte ein Sprecher des schleswig-holsteinischen Verkehrsministeriums dem "Spiegel" laut Vorabmeldung vom Freitag.
Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) sagte dem Magazin, der Bund müsse sich dazu bekennen, eine Anschlussregelung für das Neun-Euro-Ticket zu finanzieren. Sein Kollege Tarek Al-Wazir (Grüne) aus Hessen zeigte sich laut "Spiegel" bereit, auf jeden Euro des Bundes einen Euro aus Landesmitteln draufzulegen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte kürzlich gesagt, es könne keine Anschlussregelung geben. Der zuständige Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) lobt das Ticket zwar als Erfolg, sagte zuletzt aber, die Länder müssten sehen, "wie sie das finanzieren wollen".
Für die Einnahmeausfälle der für den ÖPNV zuständigen Länder in den drei Monaten Juni, Juli und August gab der Bund 2,5 Milliarden Euro aus. Laut "Spiegel" wollen Bund und Länder am 19. August das nächste Mal über das Thema beraten.
Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) sagte im SWR, der Bund könne sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Sie forderte 1,5 Milliarden Euro zusätzlich im Jahr vom Bund. "Wir brauchen größere Züge, wir brauchen andere, neue Bahnverbindungen. Wir brauchen zusätzlichen ÖPNV. Und deswegen brauchen wir ganz dringend die Erhöhung der Regionalisierungsmittel."
(A.Lehmann--BBZ)