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Nach Medienberichten über einen großen Bargeldfund, der möglicherweise mit dem Cum-Ex-Skandal zusammenhängt, fordern Union und Linke sowie Transparency International Aufklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Hier ist auch die SPD auf Bundesebene in der Pflicht, die Dinge endlich aufzuklären", sagte Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß am Montag dem "Spiegel". Die "Bild" hatte am Wochenende berichtet, dass in einem Schließfach des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs bis zu 200.000 Euro gefunden worden seien.
Die Staatsanwaltschaft Köln hatte im September das Haus von Kahrs durchsuchen lassen. Laut dem neuen "Bild"-Bericht durchsuchte sie damals auch ein Schließfach bei einer Bank. Dort sei die hohe Bargeldsumme gefunden worden. Dies werte die Staatsanwaltschaft offenbar als Indiz dafür, dass Kahrs sich möglicherweise für die Hamburger Warburg-Bank eingesetzt habe, um diese vor hohen Steuerrückzahlungen zu bewahren, schreibt die Zeitung weiter. Im "Tagesspiegel" sagte der investigative ARD-Journalist Oliver Schröm am Sonntag sogar, dass knapp 215.000 Euro gefunden worden seien.
Die Kölner Staatsanwaltschaft teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP am Montagmittag mit, dass bei Durchsuchungen Ende September in einem Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte wegen des Anfangsverdachts der Begünstigung "keine etwaig aufgefundenen Bargeldbeiträge durch die Staatsanwaltschaft sichergestellt worden" seien.
Vermögenssichernde Maßnahmen kämen nur in Betracht, wenn der konkrete Verdacht bestehe, dass ein Beteiligter etwas aus einer Straftat erlangt habe "und zu befürchten ist, dass es zur Sicherung einer etwaigen späteren gerichtlichen Einziehungsentscheidung auch vorläufiger Sicherungen von Vermögenswerten bedarf".
Im Übrigen gingen die Ermittlungen weiter. Es würden Unterlagen und Datenträger ausgewertet. Noch sei nicht abzusehen, wann die Ermittlungen abgeschlossen würden. Weitere Informationen und Namen gab die Staatsanwaltschaft wegen des Steuergeheimnisses und der Persönlichkeitsrechte von Beteiligten nicht heraus.
Mit Cum-Ex-Geschäften wird das Verschieben von Aktien rund um einen Dividenden-Stichtag bezeichnet, um sich Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, die gar nicht gezahlt wurde. Der Staat verlor so Milliardenbeträge. 2017 war der Skandal erstmals bekannt geworden. Der Bundesgerichtshof entschied vor einem Jahr, dass es sich bei Cum-Ex-Geschäften um strafbare Steuerhinterziehung handelt.
In Hamburg hatte die Finanzbehörde 2016 darauf verzichtet, 47 Millionen Euro von der Privatbank M. M. Warburg aus solchen Geschäften zurückzufordern. Damals war Olaf Scholz Erster Bürgermeister der Hansestadt, der aktuelle Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) war Finanzsenator. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft versucht nun, die Sache und mögliche Einflussnahme aufzuklären.
Am Freitag kommender Woche soll Scholz zum zweiten Mal vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Der Termin sei lange geplant, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Die Frage, ob der Kanzler von der Bargeldsumme gewusst habe, verneinte Hebestreit.
Politiker aus Union und Linkspartei forderten genauere Informationen von Scholz, Tschentscher und Kahrs. Der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dennis Thering, sagte dem "Spiegel": "Wir erwarten Antworten von Olaf Scholz und Peter Tschentscher, die auch bei der ominösen Bargeldsumme von Herrn Kahrs für Aufklärung sorgen müssen."
Die Frage, ob es eine politische Einmischung in ein Steuerverfahren gegeben habe, müsse endlich beantwortet werden, forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), am Sonntag der "Bild". CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte dem "Tagesspiegel", Scholz könne "sich jetzt nicht mehr durch Aussitzen aus der Affäre ziehen."
Die Affäre habe "das Potential, den Kanzler zu stürzen", sagte der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi der Zeitung. Er erwarte von Johannes Kahrs vollständige Transparenz auch nach der Zeit als Bundestagsabgeordneter, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, dem "Spiegel".
Der Vorsitzende der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, Hartmut Bäumer, forderte im "Tagesspiegel" (Dienstagsausgabe) von Kahrs, die Herkunft des Geldes offenzulegen. Auch Scholz und Tschentscher stünden in der Verantwortung, zur Aufklärung beizutragen, sagte er.
Inzwischen laufen wegen Cum-Ex-Geschäften zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Banken oder frühere Mitarbeiter von Banken. Steueranwalt Hanno Berger, der als Schlüsselfigur der Cum-Ex-Geschäfte gilt, steht in Bonn und Wiesbaden vor Gericht. Der frühere Generalbevollmächtigte der Warburg-Bank ist bereits wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Eine Verfassungsbeschwerde der Bank gegen die Einziehung von 176 Millionen Euro scheiterte im April vor dem Bundesverfassungsgericht.
(H.Schneide--BBZ)