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Wer ein Auto mit manipuliertem Dieselmotor vor Bekanntwerden des Skandals kaufte, danach aber erst bezahlte, kann trotzdem Anspruch auf Schadenersatz haben. Dass der Käufer den Vertrag erfüllte - und zahlte - sei nicht ungewöhnlich oder unangemessen gewesen, erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) am Montag in Karlsruhe. Er hob ein Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig auf, das nun erneut über den Fall verhandeln muss. (Az. VI ZR 676/20)
Geklagt hatte der Käufer eines gebrauchten VW Caddy. Im Sommer 2015 leistete er eine kleine Anzahlung, im Oktober bekam er das Auto und zahlte den Restbetrag. Ebenfalls im Oktober ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf des Modells an, das mit einer Manipulationssoftware ausgestattet war.
Laut Kläger sagte ihm der Verkäufer bei der Übergabe des Wagens, dass dieser von der Dieselproblematik nicht betroffen sei. Er recherchierte nicht weiter. Das spreche gegen ihn, urteilte das Oberlandesgericht: Wäre der Dieselskandal für den Käufer entscheidend gewesen, hätte er das beispielsweise mithilfe der Website von VW klären können.
Das Oberlandesgericht sah hier auch kein sittenwidriges Verhalten des Autobauers. Zudem seien Gebrauchtwagenkäufer so weit "vom Produktionsprozess und Inverkehrbringen des Fahrzeugs entfernt", dass ihre Betroffenheit "rein zufällig" sei.
Nach der Abweisung seiner Klage in Braunschweig legte der Kläger beim BGH Revision ein, der das Urteil überprüfte. Er entschied, dass der Anspruch auf Schadenersatz nicht mit der Begründung des Oberlandesgerichts abgelehnt werden dürfe.
Der BGH sah auch gegenüber diesem Käufer ein sittenwidriges Verhalten. Dass das Auto gebraucht gekauft worden sei, ändere daran nichts. Dass er nach Bekanntwerden des Skandals noch zahlte, habe einen "rechtfertigenden Anlass" gehabt, denn er habe sich vertraglich dazu verpflichtet.
(T.Burkhard--BBZ)