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Die Gewerkschaft IG Metall lehnt die vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall geforderte Nullrunde in der Tarifauseinandersetzung ab. "Auf den Beschäftigten lasten die gesamten Preissteigerungen – im Gegensatz zu Unternehmen können sie diese nämlich nicht weitergeben", sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der "Welt am Sonntag". Es sei deshalb nicht die Zeit der Zurückhaltung in der Tarifpolitik.
Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf hatte der Zeitung gesagt, es gebe trotz der hohen Inflation in diesem Jahr keinen Spielraum für Lohnerhöhungen. "Wenn wir im Herbst in eine Gasmangellage kommen, fällt das genau in unsere Tarifrunde", sagte er. Dann werde es "nicht möglich sein, die Firmen der Metall- und Elektroindustrie mit Lohnerhöhungen weiter zu belasten".
Gewerkschaftschef Hofmann widersprach Wolfs Einschätzung, es gehe vielen Unternehmen der Branche schon so schlecht, dass im Fall eines Gasmangels eine Insolvenzwelle und der Verlust hunderttausender Arbeitsplätze drohten. "Der überragenden Mehrheit der Unternehmen geht es aktuell gut", sagte der IG-Metall-Vorsitzende. Wer den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise missbrauche, um Umverteilung zu Lasten der Bürger durchzusetzen, zerstörte den gesellschaftlichen Zusammenhalt, warnte Hofmann.
Die IG Metall hatte für die anstehenden Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie deutliche Lohnforderungen erhoben. Der Vorstand hatte den regionalen Tarifkommissionen im Juni empfohlen, zwischen sieben und acht Prozent mehr Geld zu fordern.
Unterstützung erhalten die Arbeitnehmer von der Union: "Bei der derzeitigen Inflationsrate sind Nullrunden keine Lösung", sagte der Unions-Obmann im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, Marc Biadacz, der Zeitung. Die Last müsse "auf alle Schultern verteilt werden". Neben staatlichen Entlastungen für die Bürger müssten sich auch die Arbeitgeber beteiligen und faire Kompromisse mit den Gewerkschaften finden.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Jessica Tatti, kritisierte die Forderung nach einer Nullrunde als "absolute Frechheit". Die steigenden Lebenshaltungskosten müssten auch durch höhere Löhne ausgeglichen werden. Die Arbeitgeber sollten sich bei Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lieber dafür einsetzen, "dass endlich die Krisengewinnler zur Kasse gebeten werden", forderte Tatti.
(T.Renner--BBZ)