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Nach der Absage der EU-Kommission für die bisherigen Pläne der Bundesregierung zum Verzicht auf die Mehrwertsteuer bei der Gasumlage sucht Berlin nun nach Alternativen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Mittwoch, es werde nun nach Wegen gesucht, um die Mehrwertsteuer an die Bürger zurückzugeben. Weitere Politiker der Ampelparteien sprachen sich dafür aus, einen möglichst niedrigen Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Von der Opposition kam scharfe Kritik.
Die EU-Kommission hatte der Bundesregierung zuvor einen Strich durch die Rechnung gemacht: EU-rechtlich sei es nicht möglich, dass Deutschland auf die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die angekündigte Gasumlage verzichte.
Die Bundesregierung will mit der Gasumlage Gasimporteure entlasten, die wegen der gedrosselten Lieferungen aus Russland anderswo für viel Geld Gas einkaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Ab Oktober sollen ihnen diese Mehrkosten zu 90 Prozent erstattet werden. Die Kosten dafür werden mittels eines Aufschlags auf alle Gaskunden verteilt - und auf diesen Aufschlag muss zusätzlich noch die Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte deshalb am Freitag in einem Schreiben an EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni darum gebeten, sein Initiativrecht zu nutzen und die EU-Mitgliedstaaten vorübergehend von der Pflicht auf Mehrwertsteuererhebung im Energiebereich zu befreien. Die Gasumlage stelle eine zusätzliche Belastung für die Verbraucher dar, die durch eine Erhebung der Mehrwertsteuer noch verschärft werde, argumentierte Lindner.
Ein Sprecher der Brüsseler Behörde verwies jedoch auf eine Reform der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie, die erst im vergangenen Jahr einstimmig von den Mitgliedstaaten verabschiedet worden war. Demnach ist eine Befreiung nicht möglich. Brüssel sei aber an einer Lösung im Sinne der Endverbraucher interessiert.
Laut Scholz wird nun mit der EU-Kommission darüber beraten,"wie wir das Geld den Bürgern wieder zurückkommen lassen können". Er hoffe, dass dies noch umgesetzt werden könne, "bevor die Umlage erhoben wird".
Die reformierte EU-Mehrwertsteuerrichtlinie schreibt einen Mindestsatz von 15 Prozent vor. In vielen Fällen sind aber ermäßigte Sätze von mindestens fünf Prozent möglich. "Das Mindestmaß von fünf Prozent sollte genutzt werden", sagte der wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen, Dieter Janecek, dem "Handelsblatt". Der Vize-Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Hannes Walter (SPD), sprach sich für eine Senkung der Mehrwertsteuer insgesamt aus, vor allem für Gas, aber auch für Strom.
Aus den Reihen der Opposition kam scharfe Kritik am Vorgehen der Regierung. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Union, Julia Klöckner, warf der Ampel vor, "Chaos" zu stiften. Die Ablehnung der Mehrwertsteuerbefreiung durch die EU-Kommission sei absehbar gewesen. "Wer eine milliardenschwere Zusatzbelastung für die Verbraucher auf den Weg bringt, muss sorgfältiger arbeiten", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.
"Die Zusatzbelastungen für die Verbraucher jetzt mit Bedauern auf die EU abschieben zu wollen, ist schamlos", kritisierte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Sein Vorschlag: "Die Gasumlage sofort um 20 Prozent reduzieren."
(B.Hartmann--BBZ)