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Mit einem Plädoyer für die Verteidigung der Demokratie hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) das 75-jährige Bestehen des Parlaments gewürdigt. "Viele Menschen trauen der Politik keine Lösungen mehr für ihre Probleme zu", sagte Bas am Dienstag bei einer parlamentarischen Feierstunde im Plenarsaal des Bundestags in Berlin. "Das gibt denen Auftrieb, die auf Wut und Angst setzen, unser Land schlechtreden und einfache Lösungen versprechen."
An die Abgeordneten, aber auch an alle Bürgerinnen und Bürger richtete Bas eine "Bitte zum 75. Geburtstag unseres Parlaments": "Lassen Sie uns im Interesse der Menschen die Kraft des Kompromisses für gute und tragfähige Lösungen nutzen!" Die Unzufriedenheit mit manchen Entscheidungen der Politik dürfe "kein Grund dafür sein, sich hierüber in die Unversöhnlichkeit treiben zu lassen", sagte die Bundestagspräsidentin. "Deshalb sind wir alle dazu aufgerufen, uns die Notwendigkeit des Kompromisses wieder öfter bewusst zu machen."
Bei allen Problemen dürfe nicht vergessen werden, dass der Bundestag in seinen 75 Jahren immer wieder die Fähigkeit zur Krisenbeilegung unter Beweis gestellt habe. "Ich bin überzeugt: Unsere Demokratie ist stark, und wehrhaft gegenüber allen, die ihr schaden wollen", sagte Bas. "Eine große Mehrheit aller Deutschen hält die Demokratie für die beste Staatsform. Das haben uns auch die mutmachenden Demonstrationen zu Beginn des Jahres gezeigt."
An dieser Stelle wurde Bas' Rede vom Applaus aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD unterbrochen. Auslöser für die Großkundgebungen in mehreren deutschen Städten zu Beginn des Jahres war das Bekanntwerden von Diskussionen in der AfD zur Remigration, also der Ausweisung von Menschen mit ausländischen Wurzeln. Die Bundesspitze der AfD bestreitet, dass sie solche Pläne verfolgt.
Bas räumte ein, dass viele Menschen unzufrieden damit seien, wie die Demokratie funktioniert. "Wir als Politik sind gefordert, den Zweifeln an der Demokratie zu begegnen, indem wir die konkreten Alltagsprobleme der Menschen angehen", sagte sie - und fügte hinzu: "ohne Erwartungen zu wecken, die wir nicht erfüllen können, ohne schnelle Scheinlösungen, ohne den Irrglauben, dass wir unsere Maßnahmen nur einfach besser erklären müssen".
"Um die Kluft zwischen den Menschen und ihren Abgeordneten zu schließen, müssen wir auch politisches Engagement wieder attraktiver machen und neue Formen der Mitwirkung finden", sagte die Bundestagspräsidentin. "Dieses Engagement der Menschen sollten wir als eine wichtige Kraftquelle für unsere Demokratie nutzen."
Die SPD-Politikerin erinnerte daran, das in dem 1949 gewählten ersten Bundestag auch Gegner der Demokratie saßen - "von ganz rechts und ganz links". Die "vielleicht größte Leistung dieser ersten Bundestagsabgeordneten" sei es gewesen, die Handlungsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie unter Beweis gestellt zu haben - auch, "weil die Verfassungsfeinde aus dem Parlament gedrängt wurden".
An der Feierstunde nahmen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie mehrere andere Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung teil. Der erste Deutsche Bundestag hatte sich am 7. September 1949 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn konstituiert. Acht Jahre nach der Wiedervereinigung zog der Bundestag 1999 ins Berliner Reichstagsgebäude um, wo er bis heute seinen Sitz hat.
(B.Hartmann--BBZ)