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In den Verhandlungen um die erlaubten Fischfang-Mengen in der Ostsee will Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) weitere Einschnitte für deutsche Küstenfischer verhindern. "Die wirtschaftliche Grundlage für die deutsche Küstenfischerei muss erhalten bleiben", sagte Özdemir am Montag am Rande der Verhandlungen in Luxemburg. Kleine Fischer in Küstennähe hätten "keine substanziellen Auswirkungen" auf die Erholung der Fischbestände.
Insbesondere für Dorsch und Hering gelten in der für deutsche Fischer relevanten westlichen Ostsee seit mehreren Jahren weitgehende Fangverbote. Bestehende Ausnahmen erlauben es kleinen Küstenfischern bislang jedoch, weiter geringe Mengen an Hering zu fangen. Für das kommende Jahr will die EU-Kommission diese Sonderregelungen nun streichen, Deutschland und andere Ostsee-Staaten sind dagegen.
Wegen der Bedrohung der Arten sollen zudem die erlaubten Beifänge deutlich gekürzt werden. Das betrifft Fische, die unerwünscht ins Netz gehen und dabei häufig verenden. Die erlaubte Beifang-Menge für Dorsch soll demnach um 73 Prozent auf insgesamt 93 Tonnen pro Jahr sinken, die Menge für Hering um 50 Prozent auf 394 Tonnen.
Die jährlichen Vorschläge der EU-Kommission basieren auf Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES). Nach Angaben der Wissenschaftler steht die Artenvielfalt in der Ostsee durch starke Verschmutzung und langjährige Überfischung seit Jahren unter Druck. Viele Bestände sind bedroht. Der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer kritisiert hingegen schon länger, dass die EU-Fangquoten keine auskömmliche Fischerei mehr zulassen.
Özdemir räumte ein, die EU habe es wegen zu hoher Fangmengen "mit dramatischen Problemen" zu tun. "Wir müssen schauen, dass wir die Fischbestände sichern, dass sie sich wieder erholen können", erklärte der Minister. Die Verantwortung für die Überfischung sehe er allerdings nicht bei den deutschen Küstenfischern. Die EU-Minister müssten "schauen, wo die genau stattfindet", sagte Özdemir mit Blick auf Staaten wie Norwegen und Russland.
"Wir wissen, dass die Fischerei, wie sie Russland praktiziert, sich dramatisch auf die Bestände auswirkt", betonte Özdemir. Er warf russischen Fischern vor, sogar dann zu fischen, "wenn der Dorsch laicht", also seine Eier ablegt. "Das widerspricht allen Grundsätzen einer vernünftigen Fischerei."
Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine ist Russland nicht mehr an Verhandlungen über die Fischereiquoten beteiligt. "Wir führen keine Gespräche mit Russland, aber wir teilen uns die gleichen Fischbestände", erklärte der schwedische Landwirtschaftsminister Peter Kullgren. Nach Einschätzung seines lettischen Amtskollegen Armands Krauze führen EU-Fangverbote deshalb nicht zu einer Erholung. "Indem wir unsere Quoten für Dorsch in der Ostsee senken, helfen wir Russland, noch mehr zu fangen", beklagte er Luxemburg.
(Y.Berger--BBZ)